Sachliche Argumente statt guter und schlechter Pixel
Die digitale Fotografie hat in nur zehn Jahren die analoge Fotografie fast vollständig verdrängt. Inzwischen wurde ein hoher Entwicklungsstand erreicht und der Markt ist gesättigt: Fast jeder hat eine Digitalkamera. Auf der Photokina 2008 sind keine umwerfenden Neuigkeiten mehr zu besichtigen. In drei Segmenten wird um Marktanteile gekämpft: Profi-, Spiegelreflex- und Kompaktkameras. Das Preisverhältnis ist beträchtlich: 5.000 : 1.000 : 300 Euro. Diese Preisunterschiede müssen begründet werden. Weil das nicht einfach ist, wird auch schon mal unter der Gürtellinie argumentiert:
- Etwa so: Wer von seiner Kamera eine gute Bildqualität erwartet, der muss mindestens eine Spiegelreflexkamera haben.
- Noch schlimmer: Die Auflösung, die Menge der Pixel, besagt gar nichts, denn es gibt gute und schlechte Pixel. Mehr ...
Der potentielle Kunde wird von Herstellern, Händlern und Journalisten mit sachlich falschen Argumenten für dumm verkauft. Der Grund ist simpel: Mit teurer, aber veralteter Technik will man so lange wie möglich dem Kunden möglichst viel Geld aus der Tasche ziehen.
Deshalb hier eine Richtigstellung:
- Seit spätestens 2006 existieren kompakte Digitalkameras, die Fotos mit ausgezeichneter Bildqualität liefern und damit in direkter Konkurrenz zu Spiegelreflexkameras stehen. Ein aktuelles Beispiel: Fujifilm FinePix F100
- Die Spiegelreflex-Technik mit dem hochklappenden Spiegel (DSLR) wird bei einer digitalen Kamera nicht mehr benötigt. Mit ihrem Bildsensor erzeugt eine Digitalkamera ständig ein Bild, das auf dem Sucher und dem Monitor live sichtbar gemacht wird (Live-View-Modus). Die Kameraindustrie arbeitet deshalb schon seit Jahren an der Nachfolge-Technik - Kameras mit Wechselobjektiven ohne Klappspiegel: Micro-Four-Third
- Es gibt keine guten oder schlechten Pixel. Pixel sind auf dem Bildsensor lichtempfindliche Elemente mit bestimmten technischen Eigenschaften und auf dem digitalen Foto farbige Bildpunkte. Ob diese Pixel in der Summe ein Foto mit einer hohen Bildqualität ergeben, hängt von vielen Parametern ab, nicht zuletzt auch von der Auflösung, der Menge der Pixel.
Damit stellt sich eine ganz andere Frage:
Warum und wann sollte man mehr Geld als 300 Euro für eine Kompaktkamera ausgeben,
die in den allermeisten Fällen Fotos mit hervorragender Bildqualität liefert?
Keine Klassenunterschiede in der Bildqualität
Fujifilm setzte in den Jahren 2005 und 2006 mit einem neuen Bildsensor Massstäbe in der Bildqualität für die Klasse der Kompaktkameras. Ende des Jahres 2006 erreichte die Fujifilm FinePix F30 mit einer Sensorgrösse von 1/1,7" eine mit einer Spiegelreflexkamera (DSC-R1) vergleichbare Bildqualität, obwohl dort der Bildsensor die 7,2-fach grössere Fläche besitzt:
CHIP: Die besten Digigitalcameras
CHIP FOTO-VIDEO digital 02/08 vergleicht im Februar 2008 die technischen Daten aktuellen digitaler Kameras und kommt zu einem erstaunlichen Ergebnis: Die Bildqualität einiger Kompaktkameras entspricht der von Spiegelreflexkameras der Profiklasse:
Aus diesen Messergebnissen folgt:
- Die Preisunterschiede zwischen DSLR-Profi-, DSLR-Amateur- und Kompaktkameras sind extrem und verhalten sich etwa wie 20 : 3 : 1.
- Die DSLR-ProfiKameras unterscheiden sich von den Kompaktkameras in erster Linie durch ihre wesentlich bessere Ausstattung, aber nicht durch Bildqualität und Auflösung (Ausnahme Canon Mark III)!
- Die deutlich bessere Ausstattung ist gekennzeichnet durch: Wechselobjektive, Digitale Sucher, hochauflösende Monitore, grosse Bildsensoren, ISO-Bereiche 50 - 6.400, RAW-Format, hohe Akkuleistung und viele nützliche Features. Diese Vorteile werden mit hohem Gewicht und hohem Preis erkauft.
- Mehrere Allround- und Style-Kameras besitzen eine erstaunlich gute Bildqualität (Rauschen unter 200) bei einer Auflösung von 10 bis 12 MPixel. Der entscheidende Unterschied: Die sehr gute Bildqualität wird nur bei ISO 50 bis 100 erreicht, während DSLR-Profi-Kameras auch noch bei ISO 3.200 unter einem Rauschwert von 300 bleiben (Nikon D3 und D300).
Die Sensorgrösse macht's
Die Bildqualität einer Digitalcamera hängt von vielen Faktoren, entscheidend aber von der Grösse des Bildsensors ab. Auf einen 1/8"-Sensor (7,2 x 5,3 mm) fällt nur noch 8,6 Prozent der Lichtmenge, die einem APS-Sensor (22,2 x 14,8 mm) zur Verfügung steht. Aus dem Lichtsignal jeder einzelnen Photodiode einen 24 bit tiefen Farbwert zu ermitteln und aus der Gesamtheit der Pixel ein realistisches Abbild darzustellen - scharf, ohne Rauschen und ohne Farbfehler - das hat die Elektronik hinter dem Bildprozessor zu leisten. Die in den Digitalcameras enthaltene Bildbe- und -verarbeitungssoftware wurde in den vergangenen Jahren entscheidend verbessert. Sie ist das wesentlichste Know How der Camerahersteller. Trotzdem ist die rein physische Grösse der einzelnen Fotodiode des Bildsensors entscheidend, denn sie liefert das Ausgangssignal für den Bildprozess.
Miniaturisierung führt zu den ultracompacten Cameras. Je kleiner die Fläche des Bildsensors, umso kleiner kann das optische System sein - Umso schwieriger aber wird es gleichzeitig, auf diesem Sensor 10 Millionen Dioden = Pixel (!) unterzubringen. Die 10 MPixel eines 1/1,8"-Sensor bewegen sich nahe an der Grenze der physikalischen Machbarkeit. Eine einzelne Fotodiode besitzt hier nur noch eine Fläche von 2 x 2 Micrometer - Das entspricht der vierfachen Lichtwellenlänge!
Die herausragende technische Leistung von Canon, Fujifilm und Panasonic der letzten zwei bis drei Jahre besteht darin, kleine Bildsensoren und digitale Bildverarbeitungsverfahren entwickelt zu haben, mit denen eine Bildqualität möglich wurde, die eigentlich nur Spiegelreflexkameras mit einem um den Faktor 10 grösseren Bildsensor erreichen.
Bildsensor Super CCD EXR
Ein Beispiel für diese Entwicklung ist der Super-CCD-EXR, ein spezieller Bildsensor von Fujifilm. Er befindet sich in der Entwicklung und wurde noch nicht in einer Kamera verbaut. Dieser Sensor hat drei wesentliche Veränderungen gegenüber dem Fujifilm Super-CCD-HR-Sensor:
- Neue Anordnung des Farbfilter-Mosaiks
- Neue Methode des “Pixel Binning”
- Optimierte Signalverarbeitung
Zitat Fujifilm: Die Pixel Fusion Technology - Hohe Empfindlichkeit und geringes Rauschen: Eine Erhöhung der Empfindlichkeit durch weitere Signalverstärkung führt in der Regel zu stärkerem Rauschen. Die bisherigen Ansätze zur Minderung dieses Rauschens sorgten für verwaschene Bilder durch einen starken Verlust bei der Auflösungsqualität. Auf der anderen Seite kann ein Signal mit geringem Rauschen durch das so genannte “Pixel Binning”, die Zusammenfassung der Ladung mehrerer Pixel, erreicht werden. Der herkömmliche Ansatz des Binning entlang der horizontalen und vertikalen Achse führt im Prinzip aber zu falschen Farben aufgrund der räumlichen Trennung von Pixeln gleicher Farbe. Weil dieses Phänomen dann aber wieder kaschiert und unterdrückt werden muss, ergibt sich eine erhebliche Verringerung der Schärfe. Der neue Super CCD EXR dagegen kann mit seiner einzigartigen Filteranordnung und Pixelkombination nach “Close Incline Coupling”-Prinzip überzeugen. So wird durch die Kombination zweier benachbarter Pixel der gleichen Farbe die Generierung falscher Farben verhindert. Das Ergebnis: Geringes Rauschen und exzellente Schärfe. Mehr ...
Messwerte: LPH und Rauschen
Einige Kompaktkameras glänzen nicht nur mit einer hohen Auflösung von beispielsweise 12 Megapixel, sondern sie haben auch ganz erstaunliche Werte für LPH und Rauschen, die von den meisten Spiegelreflexkameras nicht erreicht werden! Hohe Werte für LPH und geringes Rauschen sind die entscheidenden Voraussetzungen für eine gute Bildqualität. Hier als Beispiel dafür die Messwerte für LPH und Rauschen der Kompaktkamera FinePix F100fd von Fujifilm aus CHIP Mai/2008:
In CHIP 07/2008 wurden digitale Spiegelreflexkameras getestet. Die Messwerte und die Bewertung der ersten fünf Plätze lassen interessante Vergleiche zur Fujifilm FinePix F100fd zu: Die LPH-Werte (für die X- und Y-Richtung) sind ungewöhnlich hoch und übertreffen fast alle digitale Spiegelreflexcameras. Das ist erstaunlich, weil DSLR-Cameras in der Regel deutlich grössere Bildsensoren besitzen. Beim Rauschen sind deshalb die Werte der DSLR-Cameras auch deutlich geringer:
Die Resolution in LPH (Auflösung, Linien pro Längeneinheit) ist ein wesentlicher Aspekt der objektiven Messung der Abbildungsqualität. Dieser Wert sagt aus, in welchem Masse Details von einer Camera abgebildet werden. LPH korreliert deshalb direkt mit der Bildqualität, insbesondere mit der Bildschärfe. Die Auflösung einer Camera, gemessen als LPH, ist vom Bildsensor, der internen Bildverarbeitung, aber entscheidend auch von der Qualität des optischen Systems abhängig.
Fazit
Die besten Kompaktkameras haben hinsichtlich Bildqualität und Auflösung in LPH mit den Kameras der Profis gleichgezogen. Testbilder und ein Testbericht für die Fujifilm FinePix F100fd zeigen, was eine gute Kompaktkamera heute leistet. Diese Kamera steht hinsichtliche der Bildqualität derzeitig auf der CHIP-Bestenliste mit 92 % auf Platz zwei hinter der Fujifilm Finepix S100fs, die mit 100 % den Bestwert der Bildqualität repräsentiert.
Gute Kompaktkameras haben eine hervorragende Bildqualität, eine hohe Auflösung (in Pixel) und sie sind klein und leicht. Wer braucht heute noch eine digitale Spiegelreflexkamera? Die Antwort ist relativ einfach.
Hier liegen die Grenzen von Kompaktkameras:
- Die ISO-Empfindlichkeit ist nur bis höchstens ISO 800 nutzbar
- Kein Sucher, Monitor ist gleichzeitig Sucher
- Wenig Einstellparameter und viele Automatikprogramme
- Keine Wechselobjektive
- Zoom nur bis maximal 5-fach
- Fotos werden nur im Format *.jpg und nicht in *.raw oder *.tiff gespeichert
Eine Spiegelreflexkamera sollte nur der kaufen, der Wechselobjektive hat oder benutzen will, der rauscharme Bilder auch bei ISO grösser als 800 machen möchte, der Belichtung, Blende, Schärfe und andere Parameter selber vorgeben will, den eine schwere Kamera mit einem Koffer voller Zubehör nicht stört und der bei Sonne dadurch genervt wird, dass der Kompaktkamera der Sucher fehlt.
Dabei empfiehlt es sich aber, auch folgende Gesichtspunkte zu beachten:
(A) Die Spiegelreflexkamera (DSLR) ist ein Auslaufmodell, weil digitale Kameras diesen Spiegel nicht mehr benötigen. Zukunftssicher sind Kameras, die dem Four-Third-Standard für (Wechsel-) Objektive genügen. Olympus und Panasonic haben die Spezifikation des Four-Third Systems zum Micro-Four-Third weiterentwickelt. Die erste Kamera dazu hat Panasonic gerade vorgestellt: DMC G1
(B) Super-Zoom oder Bridge-Kameras sehen wie Spiegelreflexkameras aus, haben aber keine Wechselobjektive, dafür aber Objektive mit bis zu 15-fachem Zoom. Bei diesen Objektiven werden die optischen Möglichkeiten bis an die physikalischen Grenzen ausgereizt. Solche Kameras besitzen in der Regel geringe LPH-Werte und deshalb keine exzellente Bildqualität. Ausnahmen bestätigen die Regel: Fujifilm Finepix S100fs: Bildqualität 100 %, s.o.
(C) Automatik- oder Motivprogramme haben einen sehr hohen Entwicklungsstand erreicht. In den meisten Fällen besteht deshalb überhaupt keine Notwendigkeit mehr, Schärfe, Belichtungszeit oder Blende manuell einzustellen.
Links zu digitaler Fotografie
Anfänge der Digitale Fotografie www.storyal.de/story1998
Erste Erfahrungen mit digitaler Fotografie http://www.storyal.de/story1999
Mega-Trends der Photokina 2008 http://news-photokina.koelnmesse.info/2008
Photokina 2008: die Trends www.dasauge.de
Photokina 2008 - Zukunft
der weltweiten Bildkommunikation http://www.prophoto-online.de
Der neue Fujifilm Super Sensor www.digiklix.de
Micro Four Thirds ohne Schwingspiegel www.fototools.de
A new Standard for Slim High-Picture-Quality www.four-thirds.org
Testbericht: Panasonic DMC G1 www.allesdigital.at
Die Kamera-Trends 2008 http://www.chip.de Typisch >> Viel zu DSLR, aber kein Wort zu Four-Third !!
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