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Reaktionen auf die globale Finanzkrise
   

 

Privatisierung von Steuergeldern durch die FMSA

Nachrichten von heute

Die große Koalition einigten sich am Donnerstag auf die Errichtung einer neuen Behörde ... Wie die frühere Treuhand zur Privatisierung der DDR-Betriebe soll die "Finanzmarktstabilisierungsanstalt" (FMSA) als eine unselbstständige Anstalt öffentlichen Rechtes gegründet werden. Die Banken-Treuhand wird bei der Bundesbank errichtet, soll von dieser aber organisatorisch getrennt bleiben. Sie soll den Finanzmarktstabilisierungsfonds verwalten, der mit 500 Milliarden Euro für Banken bürgen und sich auch direkt an Geldhäusern beteiligen können soll. Der Fonds soll den brachliegenden Geldverkehr zwischen den Banken wieder in Schwung bringen, die sich aus Angst vor Pleiten kaum noch Geld leihen. Mehr ...

Der Weg für das 480-Milliarden-Euro-Rettungspaket für die Bankenbranche ist in Bundestag und Bundesrat im Prinzip frei: Nachdem sich die Länder mit der Bundesregierung auf Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf geeinigt hatten, stimmten auch die Fraktionen mehrheitlich dem größten Rettungspaket der Nachkriegsgeschichte zu. Grüne und Linksfraktion machten aber ihren Widerstand gegen die Pläne der Bundesregierung deutlich und forderten eine stärkere Kontrolle der Banken. Die Fraktionen von Union und SPD machten in Sondersitzungen in Berlin ihre Unterstützung für die Pläne deutlich. Nach einer Zustimmung von Bundestag und Bundesrat (heute) soll Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz noch am Freitag (17.10.2008) gegenzeichnen. Mehr ...

Nachdem die US-Regierung für den kaputten Versicherungskonzern AIG ein Rettungspaket in Höhe von 85 Milliarden Dollar ankündigte, feierten die AIG-Manager eine Party, die den Steuerzahler weitere 400 000 Dollar kostet. Mehr ...

Frau Merkel (CDU) wiederholte mehrfach, das Paket diene nicht zur Rettung einzelner Banken, sondern diene dem Schutz der Bürgerinnen und der Bürger. Es gebe für die Banken vom Staat „ keine Leistung ohne Gegenleistung“.
Ziel sei es, mit den nationalen Rettungsmaßnahmen sowie mit den auf internationaler Ebene angestrebten strengeren Regeln „Strukturen für eine menschliche Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert“ zu schaffen. Mehr ...

Mit großer Mehrheit hat der Bundestag dem Rettungspaket für die Finanzbranche von fast 500 Milliarden Euro zugestimmt. Die Grünen und die Linkspartei lehnten das Banken-Paket in seiner vorliegenden Form ab. Aus ihrer Sicht haben Staat und Parlament zu wenig Einfluss bei der Vergabe der Milliarden-Hilfen. Für das beispiellose Maßnahmenbündel gegen die Finanzkrise stimmten am Freitag 476 Abgeordnete. Dagegen waren 99, einer enthielt sich. Mehr ...

Die privaten Banken begrüßten das Paket und sagten zu, Fehler der Vergangenheit korrigieren zu wollen. Der deutsche Aktienmarkt begab sich heute auf eine Berg- und Talfahrt, wobei die Zustimmung der Politik zum Banken-Rettungspaket eher stützend wirkte. Die Bundesbürger reagieren nach einer Umfrage vergleichsweise gelassen auf die Finanzkrise. Lediglich 22 Prozent aller Befragten fühlten sich von den Entwicklungen auf den Finanzmärkten persönlich betroffen, berichtete die GfK-Gruppe.
Allerdings befürchtet die Hälfte eine Weltwirtschaftskrise und eine Rezession in Deutschland. Die SPD kündigte an, wegen des Konjunktureinbruchs staatliche Investitionen vorziehen zu wollen. Mehr ...

Rettungsplan-Kontrolle ist Geheimsache. Die Finanzkrise beschert dem Bundestag ein neues Gremium: den Finanzmarktausschuss. Die Runde soll geheim tagen und die Eingriffe des Staates bei den Banken überwachen. Grüne und die Linke kritisieren die Kontrolle als "reine Kosmetik". Mehr …

Als Skandal bezeichnete es der Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn, dass der Chef der Deutschen Bank und andere Bankmanager an der Formulierung des Gesetzes mitgearbeitet hätten. Nun könnten die Banker bestimmen, wie ihnen geholfen wird … Kuhn bekräftigte die Kritik an dem Rettungspaket für die Banken. Das Parlament hätte niemals einen solchen Blankoscheck ausstellen dürfen, sagte er. Es handele sich um ein Ermächtigungsgesetz für den Finanzminister, der ganz allein 100 Milliarden Euro an Banken verteilen könne, ohne je den Bundestag fragen zu müssen. So dürfe man mit dem Königsrecht des Parlaments, dem Haushaltsrecht, nicht umgehen. Mehr ...

Während Politiker in Europa und Amerika Rettungspakete für den Finanzsektor schnüren, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat, stellen manche Banker schnell noch ihre eigenen und großzügigen Notfallpläne auf. Wie die britische Tageszeitung "The Guardian" recherchiert hat, verteilen alleine die Geldhäuser an der Wall Street noch einmal 70 Milliarden Dollar an ihr Spitzenpersonal, das meiste davon in diskreten zusätzlichen Bonuszahlungen. Die Manager belohnten sich damit für ein Geschäftsjahr, schreibt der "Guardian", in dem sie das globale Finanzsystem in die schlimmste Krise seit dem Börsencrash von 1929 führten. Mehr ...

… Deswegen erwögen die deutschen Banken auch die gemeinsame Nutzung der Hilfen des Finanzmarktstabilisierungsfonds. "Focus" zufolge liegt der Vorteil einer gemeinsamen Nutzung der Hilfen des Rettungspakets darin, dass Außenstehende nicht mehr so leicht ablesen können, welche Institute tatsächlich Hilfe brauchen und welche nicht. Mehr ...

 

Vorbild ist die Privatisierung der DDR-Wirtschaft

Für die Privatisierung der DDR-Wirtschaft hat die Bundesregierung 1990 eine Treuhandanstalt gegründet (Birgit Breuel). Die westdeutsche Wirtschaft hat das damals als Einladung zur Bereicherung verstanden und den deutschen Staat de facto erpresst: Die Preise für DDR-Betriebe/Immobilien wurden nicht nur in den Keller getrieben, sondern ins Minus. Der Staat musste die zu privatisierenden Objekte in Millionen verpacken, damit sie überhaupt 'gekauft' wurden. Investoren, Glücksritter und Spekulanten haben sich mit der DDR-Treuhand eine goldene Nase verdient. Auf diese Weise sind in den ersten Jahren der Wiedervereinigung Schulden von rund 350 Milliarden DM entstanden. Nie vorher hat es eine Privatisierung von Steuermitteln in einem solchen Umfang gegeben. Die Schulden wurden im Erblastentilgungsfond versenkt und kein Politiker möchte heute an dieses unrühmliche Kapitel der deutschen Wiedervereinigung erinnert werden. Hier aus einer unverdächtigen Quelle (tagesschau.de) ein paar historische Daten zur Chronologie der Treuhand. Einzelheiten zur DDR-Treuhand siehe unten ... und bei Wikipedia ...

 

Einladung zur Bereicherung

Jetzt also ein Rettungspaket im dreifachen Umfang der Schulden, die die DDR-Treuhand produziert hat! Die 480 Milliarden Euro werden der Öffentlichkeit zwar als Bürgschaften verkauft. De facto aber wird den Banken ein riesengrosser Topf mit Geld hingestellt mit der Aufforderung, sich zu bedienen. Die Finanzbranche hat eine weltweite Krise dadurch ausgelöst, dass 'Produkte' und Finanzierungsverfahren erfunden wurden, die fast niemand versteht, die nichts mit realer Wertschöpfung zu tun, Einzelnen aber unvorstellbaren Profit eingebracht haben. Die dabei global erzeugten Finanzströme sind so komplex, dass sie sich längst verselbständigt haben. Keine Bank, kein Staat und auch keine Staatengemeinschaft sind beispielsweise in der Lage, die Entwicklung der Preise von Rohöl (s.u.), Reis oder Gold zu steuern.

Die Finanzbranche wird jetzt ihre geballte (emotionale) Intelligenz einsetzen, um sich aus diesem Topf zu bedienen. Der Staat hat keine Chance, dem eine äquivalente Menge Sachverstand zur Kontrolle gegenüberzustellen. Eine so unvorstellbar grosse Geldmenge (bereitgestellt von allen grossen Industriestaaten!) ist eine ungeheure Versuchung, die Moral und Verstand ausschaltet. Sie wird die Gier der Branche erneut anfachen, noch lukrativere 'Produkte' zu erfinden. Sicher kann man bald Zertifikate kaufen, in denen darauf gewettet wird, wie viel der als Bürgschaft deklarierten Fonds als reales Geld auf private Konten umgeleitet wird.

 

Wie es funktioniert

Wo kommt das viele Geld her und wo geht es hin? Das Vorbild ist die DDR-Treuhand: Die Bundesregierung leiht sich das Geld von den Banken, die sie gleichzeitig retten will. Die Banken privatisieren dieses Geld und die Regierung versenkt die damit entstehenden Schulden in einen neu zu gründenden 'Bankenrettungstilgungsfond'. Für den werden dann jährlich Zinsen in Milliardenhöhe fällig, die wiederum die (privaten) Banken kassieren.

Jeder ist selber Schuld, der täglich auf Arbeit geht und auch noch Gewerkschaftsbeiträge bezahlt. Den Kopf müsst Ihr zum Geldverdienen benutzen, nicht die Hände!

Um das klar zu stellen: Auch nach meiner Meinung würde die Alternative, das Finanzsystem brutal an die Wand fahren zu lassen, kurzfristig deutlich grösseren Schaden in der globalisierten Wirtschaft anrichten, als die Riesensummen, die jetzt in den Bankensektor gepumpt werden. Diese Summen tun in den nächsten Monaten niemandem weh, denn de facto ist es virtuelles Geld. Genau das aber ist das langfristige Problem: Weil das sich im Umlauf befindliche Geld nicht durch reale Werte gedeckt und nicht durch Wertschöpfung entstanden ist, steuert die Weltwirtschaft unausweichlich auf eine globale Inflation zu. Was sie für Ausmasse annehmen wird, ist nicht abzuschätzen. Wir haben also die Wahl zwischen sofortiger Rezession oder der späteren Rezession plus Inflation.

Die einzig wirksame Alternative wäre die Verstaatlichung des globalen Finanzsystems: Planwirtschaft statt Kapitalismus. Das aber ist mit den heute lebenden, gierigen Menschen blanke Illusion. Nicht einmal DIE LINKE mit Lafontaine und Sahra Wagenknecht reden davon!

Das Rettungspaket für die Bankenbranche erhöht die Labilität der Weltwirtschaft durch die enorm steigende öffentliche Verschuldung. Es stellt eine nie dagewesene Umverteilung von Geld dar, es verschärft die Kluft zwischen Arm und Reich und erhöht die Inflationsgefahr.

 

Komplexität ist das Zauberwort

Meine Analyse hört sich logisch und ganz einfach an. Genau das aber ist die Wirklichkeit nicht. Das meiste in der Natur und in der menschlichen Zivilisation ist ausserordentlich komplex. Wir ahnen die Komplexität kaum und verstehen sie erst recht nicht. Deshalb ist besonders vor den einfachen Lösungen und Antworten Vorsicht geboten. Simulationen solcher Wirtschaftsprozesse sind heute auch nicht mit Supercomputern möglich. Prognosen über zukünftige Entwicklungen sind ausserordentlich schwierig und ungenau. Die Richtung einer Entwicklung zu erkennen, ist oft das erreichbare Maximum. Vielleicht habe ich eine mögliche Tendenz beschrieben.

 

Leserbrief
Leserbrief

Jürgen Albrecht, 17. Oktober 2008

 

 

Finanzkrise - oder erst der Anfang davon?!

Zitate aus der Titelstory des aktuellen SPIEGEL:

 

Vernunft wäre nötig

 

Finanzkrise, Zitate aus Spiegel 47/2008

 

Börsenkurse am 19.11.2008
Börsenkurse am 22.11.2008

Börsenkurse am 19.11.2008

 

Börsenkurse am 22.11.2008
Der DAX verlor allein in dieser Woche 12 Prozent!

Dax 2008

 

Die Medien tun so, als wäre die Finanzkrise fast schon überwunden und als müssten wir nur noch höchstens ein Jahr Wirtschaftsflaute überstehen. Niemand hat korrekte Informationen über das Ausmass des Desasters und alles wird schöngeredet. Offenbar ist die Situation viel schlimmer, als bisher publik geworden ist. Die Zukunftsperspektiven sind unkalkulierbar:

  • Niemand verfügt über verlässliche Informationen über die Risiken, die Banken weltweit eingegangen sind. Auch die Regierungen ergreifen Massnahmen bisher nur auf der Grundlage von Schätzungen. Die Banken mauern und vermeiden es so lange wie möglich, die Karten auf den Tisch zu legen.
  • Wenige, gravierende Probleme machen es unmöglich, das Verhalten des globalen Finanzsystems vorherzusagen: 1. Die weltweiten Verflechtungen des Finanzsystems sind ausserordentlich komplex. 2. Die Akteure sind Menschen. Sie agieren emotional und gerade nicht mit Verstand, sondern kopflos wie Herdentiere. 3. Konkrete Daten über den tatsächlichen Zustand des Systems sind nicht vorhanden.
    Schon im Normalfall kann deshalb das Finanzsystem nicht simuliert werden (dann gäbe es keine Spekulationsbörse ...). In Krisenzeiten ist das Systemverhalten noch weniger zu prognostizieren.
  • Von Amerika geht die Finanzkrise aus. Amerika ist mit mindestens 10 Billionen Dollar hoch verschuldet (Deutschland 1,6 Billionen Euro), dazu kommt ein Aussenhandelsdefizit von mindestens einer Billion Dollar.
  • Jeder Amerikaner hat im Durchschnitt Schulden in Höhe eines Jahreseinkommens. Die amerikanische Wirtschaft funktioniert nach dem Prinzip: Leben auf Pump und auf Kosten der noch nicht geborenen Enkel!
  • Die akute Finanzkrise wurde ausgelöst durch Ramsch-Hypotheken (Subprime). Ninja-Loans: Leuten mit no income, no job and no assets wurden Häuser auf Kredit verkauft – ohne jede Sicherheit. Hypotheken im Wert von zwei Billionen Dollar sind noch im Umlauf und platzen gerade.
  • Credit Default Swaps (CDS) im Wert von 30 bis 40 Billionen Dollar (!!) aber werden noch platzen. Dieser Crash hat noch nicht richtig begonnen! s. Bild oben: Rasante Verbreitung
    Zum Vergleich: Die Raumstation ISS hat in den vergangenen 10 Jahren
    100 Milliarden Dollar gekostet. Eine Billionen Dollar = 10 Raumstationen ...!
  • Auch der Crash der Credit-Card-Blase in den USA steht noch aus ... 1 bis 2 Billionen Dollar.
  • Alle Industriestaaten legen Stützungsprogramme für die Banken und die Wirtschaft auf. Wert zur Zeit ca. 4 bis 5 Billionen Dollar. Dieses Geld erhöht die Staatsverschuldungen …!
  • Es ist weltweit (und besonders in den USA) keine prinzipielle Änderung des Verhaltens der Verbraucher, der Banker, der Regierungen und keine staatliche Kontrolle der Finanzmärkte in Sicht. Die Blasenökonomie wird weiterhin den globalen Kapitalismus kennzeichnen.
  • Es ist nicht zu erkennen, wie die westlichen Industriestaaten ihre Haushaltsverschuldung und das Aussenhandelsdefizit jemals abbauen wollen.
  • Starke Schwankungen der Börsenkurse sind deutliche Zeichen für die Labilität der Wirtschaft.
  • Die Verbraucherpreise sinken wie zuletzt 1947, Angst vor einer Deflation in den USA und Japan macht sich breit …
  • Die Todsünde: Geldvermehrung ohne Wertschöpfung. Das kann nur enden in einer Inflation, verbunden mit globaler Geldabwertung.

Was tun mit diesen Aussichten? Ich kann nur diagnostizieren. Die Therapien, die ich mir vorstellen könnte, sind politisch nicht durchsetzbar. Deshalb habe ich den Verdacht, wir fahren systematisch an die Wand.

 

Auftragsrückgang 2008

Jürgen Albrecht, 20. November 2008

 

 

Börsenkurse 2008 weltweit im freien Fall

Börsenkurse weltweit 2008

Preisverfall Rohöl, Kupfer, Getreide

04.01.2009 18:20

 

Finanzkrise für Dummies

Mandy besitzt eine Bar in Berlin-Kreuzberg. Um den Umsatz zu steigern, beschließt sie, die Getränke der Stammkundschaft (hauptsächlich alkoholkranke Hartz-IV-Empfänger) auf den Deckel zu nehmen, ihnen also Kredit zu gewähren. Das spricht sich in Kreuzberg schnell herum und immer mehr Kundschaft desselben Segments drängt sich in Mandys Bar.

Da die Kunden sich um die Bezahlung keine Sorgen machen müssen, erhöht Mandy sukzessive die Preise für den Alkohol und erhöht damit auch massiv ihren Umsatz. Der junge und dynamische Kundenberater der lokalen Bank bemerkt Mandys Erfolg und bietet ihr zur Liquiditätssicherung eine unbegrenzte Kreditlinie an. Um die Deckung macht er sich keinerlei Sorgen, er hat ja die Schulden der Trinker als Deckung.

Zur Refinanzierung transformieren top ausgebildete Investmentbanker die Bierdeckel in verbriefte Schuldverschreibungen mit den Bezeichnungen SUFFBOND®, ALKBOND® . Diese Papiere laufen unter der modernen Bezeichnung SPA Super Prima Anleihen und werden bei einer usbekischen Online-Versicherung per Email abgesichert. Daraufhin werden sie von mehreren Rating- Agenturen (gegen lebenslanges Freibier in Mandys Bar) mit ausgezeichneten Bewertungen versehen.
Niemand versteht zwar, was die Abkürzungen dieser Produkte bedeuten oder was genau diese Papiere beinhalten, aber dank steigender Kurse und hoher Renditen werden diese Konstrukte ein Renner für institutionelle Investoren. Vorstände und Investmentspezialisten der Bank erhalten Boni im dreistelligen Millionenbereich.

Eines Tages, obwohl die Kurse immer noch steigen, steht ein Risk Manager (der inzwischen wegen seiner negativen Grundeinstellung selbstverständlich entlassen wurde) fest, dass es an der Zeit sei, die ältesten Deckel von Mandys Kunden langsam fällig zu stellen.

Überraschenderweise können weder die ersten noch die nächsten Hartz-IV-Empfänger ihre Schulden, von denen viele inzwischen ein Vielfaches ihres Jahreseinkommens betragen, bezahlen. Solange man auch nachforscht, es kommen so gut wie keine Tilgungen ins Haus.

Mandy macht Konkurs. SUFFBOND® und ALKBOND® verlieren 95%, KOTZBOND® hält sich besser und stabilisiert sich bei einem Kurswert von 20%.

Die Lieferanten hatten Mandy extrem lange Zahlungsfristen gewährt und zudem selbst in die Super Prima Anleihen investiert. Der Wein- und der Schnapslieferant gehen Konkurs, der Bierlieferant wird dank massiver staatlicher Zuschüsse von einer ausländischen Investorengruppe übernommen. Die Bank wird durch Steuergelder gerettet. Der Bankvorstand verzichtet für das abgelaufene Geschäftsjahr auf den Bonus.

Fortsetzung (von Al):
Mandy ist zwei Jahre traurig und auf Hartz-IV. Die Arbeitsagentur drängt ihre Kundin permanent, eine Ich-AG zu gründen. Mit dem Mikrokredit einer Zweckgesellschaft aus Irland, die zur inzwischen vom Staat wieder sanierten KfW gehört, macht Mandy in Berlin-Moabit eine Dönerbude auf. Falafel, Hühnchen, Düiüm und so. Jede Menge hungrige Hartz-IV-Kunden. Ingrid Matthäus-Maier guckt immer mal nach dem Rechten.

Mandy schreibt an. Uneigennützig und aus reiner Nächstenliebe. Abgesehen von einem kleinen, fast schon vergessenen Kollaps, hat das Kredit- und Zinssystem in der Vergangenheit doch tadellos funktioniert. Günstiges Essen spricht sich in Moabit schnell herum und immer mehr Kundschaft desselben Segments drängt sich in Mandys Dönerbude ... Weiter s.o.

Der Autor dieser wahren Geschichte ist leider unbekannt. Eine Quelle hier ...
und Danke an Willy, den Finanzexperten. Analyst in Südostasien.

03.01.2009 7:55

 

 

 

Die Treuhand verkauft die DDR

Als die Mauer gefallen ist, wollen die DDR-Bürger das kaufen, was sie bis jetzt immer nur im Fernsehen gesehen haben. Die DDR-Bürger wollen die D-Mark. Das ist der entscheidende Antrieb für die Politik in den ersten Monaten nach dem Mauerfall. Kaum jemandem im Osten ist klar, dass das Westgeld nur zusammen mit dem System der Bundesrepublik zu haben ist.

Die DDR-Volkskammer existiert noch, und sie ist sogar durch die ersten und einzigen Freien Wahlen, die es in der DDR gab, am 18. März 1990 legitimiert worden. Das Volk sieht in der CDU und Kohl die D-Mark. Kohl siegt mit 41 Prozent der Stimmen. Ich wähle Grün und bin danach vom Wahlergebnis frustriert.

Der 1. Juli 1990 ist der Tag der Währungsunion: Die DDR-Bürger haben Westgeld in der Tasche. Euphorie und turbulente Szenen vor den Banken, bei denen jeder DDR-Bürger 2.000 Mark der DDR im Verhältnis 1:1 in D-Mark umtauschen kann. Wer mehr als 2.000 Mark der DDR besitzt, kann dieses Geld bis zu Limit von 20.000 Mark im Verhältnis 1:2 umtauschen. Das Gehalt wird ab sofort in DM ausgezahlt. Das hört sich nach Schlaraffenland an und das ist es auch. Es ist ökonomisch absolut nicht vertretbar und sofort entstehen riesige Schulden im Bundeshaushalt. Es gibt nur einen Ausweg, diese Schuldenlast zu verringern: Je mehr Arbeitsplätze in den neuen Länder abgebaut werden, desto besser. Das ist der Hintergrund dafür, dass bereits in den ersten Monaten des Jahres 1990 in der noch existierenden DDR die ersten ‚Werktätigen‘ arbeitslos werden. Die Arbeitslosenrate steigt in den ‚neuen Ländern‘ in den ersten zwei Jahren von Null auf real bis zu 40 Prozent.

Allen DDR-Bürgern mit ein bisschen Verstand ist klar, dass die DDR-Volkskammer aus Bonn gesteuert wird. Besonders deutlich wird das bei den Verhandlungen über den Einigungsvertrag. Was hat der korrupte Herr Krause aus dem Osten schon gegen den gewieften Herrn Schäuble aus dem Westen für eine Chance?! Die Volksvertreter befassen sich weder mit dem DDR-Vermögen, noch mit politischen Alternativen zum Beitritt. Die ehemals werktätigen Massen der DDR wollen Westgeld und Westprodukte. Damit werden auch alle Alternativen zum Beitritt und zur Reformierung der DDR Illusion. Die Volkskammer beschliesst am 24. August 1990 den Beitritt zur Bundesrepublik und damit die eigene Auflösung. Am 3. Oktober 1990 werden wir beigetreten. Ich fahre an diesem Tag mit dem Fahrrad zu den Brennpunkten des Geschehens: Alexanderplatz, Brandenburger Tor, Reichstag. Es gibt keine Euphorie mehr in Berlin. Sie ist durch die wirtschaftlich äußerst desolate Lage in den neuen Ländern einer gesunden Skepsis und einer grossen Verunsicherung gewichen.

Durch die überstürzte Wiedervereinigung ändert sich für die ehemaligen DDR-Bürger praktisch ihr gesamtes Umfeld. Alles ist neu: Neue Fahrscheine (und Preise!) für die S-Bahn, es gibt neue Ausweise, neue Postleitzahlen, neue Strassennamen und neues Geld sowieso. Nudeln und Butter sind jetzt anders verpackt und aus der Kaufhalle des Konsums ist Lidl, Aldi und der Penny Markt geworden. Vor allen Dingen aber gibt es andere Behörden. Hier schwören Beamte aus dem Westen die neu ‚verbeamteten‘ Ostbürger auf die Verwaltungsverfahren der Bundesrepublik ein. Jedes Formblatt ändert sich, Computer und Softwaresysteme halten Einzug, alles muss von Anfang an neu gelernt werden.

Mit Existenzangst und Arbeitslosigkeit - völlig neue Vokabeln - bezahlen die ehemaligen DDR-Bürger das Schlaraffenland. Wir sind Bundesbürger, wir haben Westgeld in der Tasche und wir befinden uns im Kaufrausch. Einmalig in der Geschichte: Ein ganzes Volk fährt seine funktionierende Wohnungseinrichtung auf den Müll. Alles funktioniert, ist aber plötzlich nicht mehr gut genug: Kühlschränke, Radios, Waschmaschinen, Fernseher, Möbel aller Art und vor allen Dingen die Autos aus der DDR-Produktion. Zuerst kommt für die Trabbis das Aus, dann auch für die anderen DDR-Autos. Sie werden zu Spottpreisen verkauft und massenweise nach Polen und in den Ostblock transferiert. Bereits im ersten Halbjahr 1990 will niemand mehr Produkte der DDR-Industrie kaufen. Alle warten auf das Westgeld, denn das Auto muss jetzt von VW, die Waschmaschine von Quelle, der Fernseher von Sony und die HiFi-Anlage müssen von Grundig sein.

 

 

Das ist vor der Treuhand das Aus für die DDR-Wirtschaft, soweit es die Konsumgüter betrifft. Die Produktion ist nicht mehr absetzbar. Der inländische Markt für DDR-Produkte ist zusammengebrochen. Hervorragende Fernsehgeräte, HiFi-Anlagen und Waschmaschinen werden bis zu 80 Prozent im Preis gesenkt, damit wenigstens die Lager geräumt werden können. Parallel dazu werden die Exportkunden der DDR im Osten durch die politischen Umbrüche zahlungsunfähig: Die Sowjetunion bricht durch die von Gorbatschow propagierte Glasnost (Offenheit) auseinander. Nach der Währungsunion entsteht aber umgekehrt ein ungeheurer Bedarf an Waren aller Art aus Westdeutschland. Ein nie gekannter Wirtschaftsboom setzt in Westdeutschland ein. Die bundesdeutsche Wirtschaft verdient sich in den nächsten zehn Jahren dumm und dämlich, während die Wirtschaft in der ehemaligen DDR schon in den Jahren 1990 und 1991 komplett zusammenbricht.

Die wiedervereinigten Deutschen wollen keine Produkte aus dem ‚Beitrittsgebiet‘ - der ehemaligen DDR - mehr kaufen. Die Exportkunden im Ostblock sind nicht in der Lage, in D-Mark zu bezahlen. Die Erzeugnisse aus Ostdeutschland entsprechen weder dem Stand der Technik, noch sind sie hinsichtlich der Herstellungskosten konkurrenzfähig. Wie aber soll die Effektivität der DDR-Wirtschaft an das Westniveau angeglichen werden? Gibt es dafür überhaupt einen politischen Willen? Die Produktionsreserven der Bundesrepublik reichen aus, um mühelos die Neuen Länder mit zu versorgen. Die Bundesrepublik hat für diese Probleme nur die einfachste aller kapitalistischen Lösungen: Privatisierung der DDR-Wirtschaft. Privatisierung hört sich gut an, bedeutet in der Realität aber Verkauf der volkseigenen (d.h. staatlichen) Wirtschaft der DDR. Wo aber sind die Käufer? Es gibt nur einen potentiellen Käufer: Westdeutschland kauft die ehemalige DDR auf.

Die demokratisch legitimierte DDR-Volkskammer, gesteuert aus Bonn, beschließt am 17. Juni 1990 das Treuhandgesetz mit dem Auftrag zur Privatisierung des volkseigenen Vermögens. Kaum ein Abgeordneter ahnt die Konsequenzen dieses Gesetzes. Die Privatisierung des ‚Volkseigentums‘ der DDR ist das unrühmlichste Kapitel der deutschen Widervereinigung. Um den Verkauf der Wirtschaft und des Grund und Bodens der DDR zu organisieren, wird die Treuhandanstalt gegründet, kurz Treuhand genannt. Ihre Leiterin ist Birgit Breuel.

Die Treuhand ‚verkauft‘ die DDR bis Ende 1994 vorwiegend an die westdeutsche Industrie, an Kapitalisten, Grundbesitzer und Spekulanten. Es handelt sich hier um eine in der Geschichte beispiellose Umverteilung von Steuermitteln, Grundbesitz und Industrieanlagen zu Gunsten der vermögenden, westdeutschen Oberschicht. Damit beispielsweise eine westdeutsche Klebstofffirma AHA ihren ostdeutschen Konkurrenten DUOSAN übernimmt, muss sie nicht etwa etwas für die Grundstücke, die baulichen und die technologischen Anlagen bezahlen! Nein, die Bundesrepublik versüßt ihr dieses ‚Geschäft‘ mit Millionen in bar, die beispielsweise als Entschädigung für die Beseitigung von Altlasten deklariert werden. Die westdeutsche Firma bekommt den ostdeutschen Konkurrenten geschenkt und damit sie dieses Geschenk annimmt, bezahlt die Bundesrepublik noch einige Dutzend Millionen obendrauf. Beim Chemiekomplex BUNA sind es (in Worten) neun Milliarden DM! Nach diesem Prinzip privatisiert die Treuhand die DDR.

Aus meiner Sicht ist die DDR-Privatisierung nichts anderes, als die Erpressung des deutschen Staates durch die westdeutsche Wirtschaft und den deutschen Geldadel. Die Bundesrepublik ist auf die deutsche Widervereinigung so schlecht vorbereitet, dass sie jetzt nur eine einzige Option besitzt: Verkauf der DDR um jeden Preis, auch um dem Preis von Schulden in Milliardenhöhe! Das westdeutsche Kapital nutzt natürlich die Zwangslage der Bundesrepublik aus. Die Preise werden nicht nur in den Keller getrieben, sondern weit in den negativen Bereich. So entstehen in den ersten Jahren der Wiedervereinigung Schulden im Bundeshaushalt von rund 350 Milliarden DM! Nie vorher hat es eine Privatisierung von Steuermitteln in einem solchen Umfang gegeben. Die Schulden wurden im Erblastentilgungsfond versenkt und kein Politiker möchte heute an dieses unrühmliche Kapitel der deutschen Wiedervereinigung erinnert werden.

Al / Oktober 1990

 

Jürgen Albrecht, 17. Oktober 2008
update: 04.01.2009

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