Wie BASIC entstanden istBASIC ist die Programmiersprache mit der vielfältigsten Vergangenheit. 1964 ursprünglich als Lehrsprache für Nicht-Informatiker am Dartmouth College (Hanover, New Hampshire, USA) von Thomas E. Kurtz und John G. Kemeny entwickelt, eroberte die Sprache zunächst die Mini- und dann die Mikrocomputerwelt. Heute wird BASIC in der Informatik gar nicht mehr und bei Programmierern kaum noch verwendet. Innerhalb der Retro-Szenen ist es jedoch beliebt wie eh und je. Und auch über seinen Einsatz im Unterricht sollte man nachzudenken. Kemeny und Kurtz hatten bis dahin schon einige Versuche gestartet, eine Lehrprogrammiersprache zu entwickeln, weil sie die existierenden Alternativen - vor allem Fortran, COBOL und ALGOL - nicht geeignet fanden, von Studierenden der "humanities" (Kunst und Geisteswissenschaften) erlernt zu werden: verwirrende Datentypen und kryptische Fehlerausgaben waren eine Hürde, die es zu überwinden galt. Ihr Weg führte sie über Mixups von Fortran und ALGOL, einem eigenen Assembler (DARSIMCO - Dartmouth Simplified Code) bis hin zur Hochsprache DOPE (Dartmouth Oversimplified Programming Experiment). Von diesen Versuchen ging einiges in BASIC ein - es sollte allerdings noch mehr können. Nämlich mit Zeilennummern strukturiert werden, damit Programmteile schneller aufgefunden und editiert werden können. BASIC liess nur ein Kommando pro Zeilen zu. Zu guter letzt sollte die Sprache nur so viele leicht verständliche Kommandos enthalten, dass man sie sich in wöchentlichen Programmierkursen merken konnte. So kam die Version 1 von Dartmouth-BASIC mit nur 15 Befehlen, die aus englischen Begriffen bestanden, im Jahr 1964 "auf den Markt". Mehr bei www.heise.de ... BASIC mit MC 80.22In der DDR war um 1983 nur ein Rechner aus eigener Produktion ohne "Bilanzanteil" (staatlicher Bezugsschein) verfügbar, auf dem man BASIC nutzen konnte: MC 80.22. Dieser Rechner auf K1520-Basis wurde von der TH Ilmenau entwickelt und im VEB Elektronik Gera in Serie produziert. Es gab ihn in verschiedenen Ausführungen, insbesondere zur Entwicklung, Testung und Fehlersuche von Maschinenprogrammen für mikroprozessorgesteuerte Geräte und Anlagen. Weiterhin wurde er eingesetzt als Steuergerät für Labor- und Prüffeldautomatisierung sowie als Prozessrechner in der Industrie. Mehr dazu bei www.robotrontechnik.de ...
Der Prozessor U880 war ein in der DDR hergestellter 8-Bit-Hauptprozessor für Computer. Er ist in n-MOS-Technik gefertigt und befindet sich in einem DIL40-Gehäuse. Der U880 ist eine nahezu identische Kopie des 8-Bit-Prozessors Z80 von Zilog. Die Unterschiede beschränken sich auf spezielle Details wie ein nicht gesetztes CY-Flag bei dem OUTI-Befehl. Die russischen Nachbauten КР1858ВМ1 sind identisch mit dem U880. Der U880 wurde als nicht lizenziertes Plagiat vom VEB Mikroelektronik „Karl Marx“ Erfurt mittels Reverse Engineering entwickelt und hergestellt. Mehr bei http://de.wikipedia.org ...
So sieht ein in BASIC geschriebenes Programm aus:
Der MC 80.22 war mit BASIC 80.2 ausgestattet. BASIC-Programme konnten auf einer Bandkassette abgespeichert und wieder in den RAM geladen werden. Der Befehlssatz bestand aus ca. 60 Befehlen. Wir haben diesen Befehlssatz erweitert und auch eine Akustik-Steckkarte entwickelt (Stefan Albrecht):
Das erste BASIC-Lehrbuch der DDR entsteht an einer KunsthochschuleDer MC 80.22 war der erste Rechner, der an der Hochschule für Industrielle Formgestaltung Halle, Burg Giebichenstein existierte. Nachdem ein BASIC-Lehrbuch geschrieben war, wurden mit diesem einen (!) Rechner im Jahr 1985 erste Lehrveranstaltungen für Studenten durchgeführt. STUCO - Studenten am Computer. Wenn man sich heute die technischen Daten dieses Rechners ansieht (s. oben, z.B. Adressierungsraum 64 KB und 16 KB RAM), kann man es kaum glauben, dass man mit so einem Rechner überhaupt etwas anstellen konnte ...! Trotzdem ist mit dem MC 80.22 vor 30 Jahren das erste BASIC-Lehrbuch der DDR entstanden. Der Programmcode wurde dabei vom Bildschirm fotografiert, denn natürlich gab es auch keine Drucker: Analog fotografiert, Film entwickeln, Papierbilder im Badezimmer hergestellt und auf der Leine getrocknet und dann die Reprovorlagen für 268 Seiten aus den Bildschnipseln am Schreibtisch im Schlafzimmer montiert, wo auch der MC 80 stand. Nicht förderlich für das Familienleben ..., aber typische DDR-Improvisationen. ![]()
Das BASIC-Lehrbuch enthält 40 Programme mit Übungsaufgaben und diverse Programm-Routinen, die man als Bausteine für neue Programme nutzen konnte. Ich kann mich nicht erinnern, dass auch nur einer der wenigen interessierten Studenten damals ein BASIC-Programm geschrieben hat. Das ist nicht verwunderlich, denn an einer Kunsthochschule braucht man keine Zeitschleifen und Sortierprogramme, sondern grafikfähige Rechner. Deshalb haben wir alles aus dem MC 80.22 rausgeholt, was überhaupt möglich war: Mit Trick 17 hat sich sogar ein Quader auf dem Bildschirm gedreht. Hier als Beispiel eine Übungsaufgabe:
Entwicklung eines experimentellen CAD-Systems an der Burg GiebichensteinParallel zum BASIC-Lehrbuch wurde in den Jahren 1983 bis 1985 an der Burg Giebichenstein das experimentelle CAD-System DECOS konzipiert und lauffähig auf einem HP 9845 B realisiert. Das System war für die Flächengestaltung und Mustergenerierung konzipiert.
Der Rechner HP 9845 B war ein hochgeheimer Embargo-PC mit Drucker, Stiftplotter A4, ohne Festplatte aber mit einem 8"-Diskettenlaufwerk. Der Rechner stand an der Akademie der Wissenschaften der DDR (ADW) in Berlin-Adlershof. Durch persönliche Beziehungen zu Prof. Dr. Kiesewetter konnten wir über Wochen im Voraus Rechenzeiten für diesen Rechner buchen, allerding lagen die immer nur in den Nachtstunden ...! Unter diesen Umständen ist es gelungen, nach zweijähriger Entwicklungszeit ein experimentelle CAD-System auf die Beine zu stellen. Ab 1985 konnten wir mit diesem System ganz erstaunliche Grafiken erzeugen und waren dem Stand der Technik in der DDR damit weit voraus. Wahrscheinlich hatten auch nur wenige Institute in der damaligen Bundesrepublik solche Grafiken auf dem Plotter liegen. Wenn überhaupt (bitte melden ...!):
Mit DECOS 1.0 haben wir an der Burg Giebichenstein in den Jahren 1986 bis 1989 Diplomarbeiten und Musterentwicklungen für die Industrie durchgeführt - Immer nur zwischen Mitternacht und Morgen! In diesem Zusammenhang sind u.a. Gardinen mit der Plauener Spitze, Decore für die Meissener Porzellanmanufaktur und Muster für die Tapetenindustrie entwickelt worden. Natürlich konnten das nur Versuchsproduktionen sein, weil wir ja der Industrie das DECOS-System wegen der fehlenden Hardware nicht zur Verfügung stellen konnten.
Mit dem Mauerfall von 1989 war es mit dem technischen Vorlauf vorbei. Aber wir hatten mit Hard- und Software unter widrigen Umständen Erfahrungen gesammelt und wussten genau, als wir endlich Westgeld in der Hand hatten, welche Technik wir für die Designausbildung einkaufen mussten. Seit 1996 existiert an der Burg Giebichenstein ein Medienzentrum mit 60 sehr gut ausgestatteten Computerarbeitsplätzen. Kann man heute solche Grafiken wie Bild 17 generieren? Mit Photoshop geht es nicht ... Versuchen Sie es!
Literatur
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Jürgen
Albrecht, 06. Mai 2014
update:
27.08.2014