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Big Data - Illusion oder Markt der Zukunft?
Den massenhaft gläsernen Menschen wird es nie geben
   
Big Data als Markt

Big Data spielt sich in Europa generell auf einem niedrigeren Level ab als in den USA. Die Studie begründet das mit der anhaltenden Wirtschaftskrise in verschiedenen europäischen Ländern sowie mit dem ausgeprägten Fachkräftemangel: Es fehlt an Data Scientists. Hinzu kommt, dass die vorhandenen Datenbestände in Europa nicht so aufgebläht sind wie in den USA. Das hat immerhin den Vorteil, das Unternehmen grundsätzlich einfacher an spezifische Daten herankommen als ihre Kollegen jenseits des Atlantiks.

Laut Studie ist Big Data einerseits die natürliche Fortsetzung dessen, was im Rahmen von Business-Analytics-Projekten seit Jahren getan wird, heißt es in dem Report. Andererseits kommen ganz neue Techniken ins Spiel, etwa Hadoop, hochskalierbare Datenbanken, deutlich verbesserte Visualisierungs-Tools sowie Hochleistungs-Suchmaschinen. Sie wachsen allmählich mit den klassischen Techniken rund um Business Intelligence und Data Mining zusammen. Der EITO-Report warnt jedoch vor überzogenen Erwartungen: Voraussetzung für einen Erfolg sei, dass Unternehmen eine informationsgetriebene Kultur etabliert hätten. Mehr bei www.computerwoche.de ...

Big Data in Europa

 

Data Mining ist Big Data

Kommentar Al: Big Data ist kein neues Problem. Bereits vor 25 Jahren existierte der Begriff Data Mining. Er bedeutet sinngemäß „in einem Datenberg nach wertvollem Wissen suchen“. Dabei werden grosse Datenbestände mit statistische Methoden mit dem Ziel angewandt, darin Muster zu entdecken. Das gleiche wird heute unter dem Begriff Big Data verstanden: Man bemüht sich, die Nadel im Heuhaufen zu finden. Ein neuer Begriff für eine altbekannte Technologie.

 

Alles über Big Data - Infografik
Big Data Infografik

Doppelklick öffnet die Infografik von http://t3n.de ...

 

Wo sind die Erfolge von Big Data?

Obwohl die Methoden in den letzten zwei Jahrzehnten mit Sicherheit verfeinert worden sind, kann an der Effektivität von Big Data gezweifelt werden. Die Geheimdienste, die am meisten auf Big Data setzen, können nicht mit spektakulären Erfolgen aufwarten. Der Anschlag 9/11 wurde nicht verhindert, der Anschlag auf den Boston-Marathon ebenfalls nicht. Der Abschuss der Boing 777/MH17 über der Ukraine: Wo bleiben die Beweise der Geheimdienste (s.u. Link)? Wo sind die Erfolge im "Krieg gegen den Terror"? Israel ist es nicht gelungen, die Aufrüstung der Hamas zu verhindern und die deutschen Geheimdienste haben im Fall des NSU völlig versagt und nicht einmal die massiven Abhöraktionen der NSA, oder wenigstens doch das Abhören des Handys der Bundeskanzlerin erkannt. Wozu also das flächendeckende Abhören und Bespitzeln, wenn nicht einmal diese riesigen Sicherheitslücken erkannt wurden?!

Die Werbeindustrie setzt grosse Hoffnungen auf Big Data. Der gläserne Verbraucher ist ihr Ziel: Der Kunde soll mit genau den Angeboten beglückt werden, an die er unterschwellig denkt. Nichts davon ist bisher wahr geworden. Wenn ich im Internet ein paar Kopfhörer bestelle, bietet mir die Werbung am nächsten Tag zwei weitere Paare an. War bei dieser simplen Aktion wirklich Big Data Analytics im Spiel?

Ich hätte sogar ein Musterfall sein können: Durch dieses Web, meine sicher bekannten Online-Käufe und meine ausspionierten E-Mails existieren viele Daten über mich. Ein Analyst, der sich intensiv mit diesen Daten beschäftigt hätte, könnte leicht zu dem Schluss gekommen sein, dass ich mir bald ein neues Handy kaufen werde. Google wusste, dass mein Google-Smartphone defekt war, ich hatte seit Wochen den Schaden reklamiert. Aus Hintergrunddaten wäre sogar der Typ des neuen Handys erkennbar gewesen: Das neue Smartphone muss eine sehr gute Kamera besitzen und es darf nicht teurer als 300 Euro sein. Mich hat kein solches Angebot erreicht: Es war schlicht viel zu teuer, für mich ein so spezielles Angebot zu erstellen!

Ausserdem habe ich am Sonntag auch selber noch nicht daran gedacht, dass ich mir am Montag das Lumia 925 kaufen könnte. Die Kaufentscheidung ist am Montag spontan gefallen, assoziiert durch Informationen über "Handys für mobile Fotografen", auf die ich zufällig gestossen bin. Wie also hätte der Analyse-Spezialist trotz aller Indizien besser sein können, als ich selbst?!

Industrie- und Wirtschaftsspionage ist ein sehr wichtiges Arbeitsfeld der Geheimdienste. Spionage im staatlichen Auftrag. Spionage ist uralt und Industriespionage gibt es, seit die industrielle Produktion existiert. Sie hat aber nichts mit Big Data zu tun. Spionage und Wirtschaftsspionage sucht nach konkreten Dokumenten. Es ist unmöglich, beispielsweise eine ganz bestimmte Konstruktionszeichnung oder Unterlagen, die im NSA-Untersuchungsausschuss verhandelt werden, über Data Mining zu gewinnen. Da muss mit klassischen Methoden kopiert und gestohlen werden. Heute allerdings vorwiegend via Internet.

 

Prinzipielle Probleme, die bei Big Data zu bewältigen sind

Die Analyse neuer Erkenntnisse aus grossen Datenmengen mit Technologien von Big Data ist nicht trivial:

  • Es existieren viel mehr Daten als Menschen, die sie durchforsten können
  • Um die existierenden Daten auszuwerten, brauchte man mindestens genauso viele Menschen wie die,
    die Daten produzieren ...!!
  • Die Datenbeschaffung ist zum grössten Teil illegal
  • Die Datenmengen sind sehr gross und sehr heterogen
  • Das Such- und Analyseproblem ist hoch komplex
  • Die Suche erfordert Intelligenz, die Maschinen nicht besitzen
  • Es existieren keine Verfahren, das menschliche Denken zu beobachten
  • Das konkrete Verhalten von Menschen ist nicht exakt vorherseh- und berechenbar
  • Suchalgorithmen zu entwickeln erfordert hoch qualifizierte Spezialisten
  • Die Analyse kann nie live erfolgen
  • Die Suche kann nicht nur maschinell erfolgen, Man Power ist erforderlich
  • Der Wahrheitsgehalt der via Big Data gewonnenen Erkenntnisse ist immer in Zweifel zu ziehen, weil
  • Die Menschen viele Möglichkeiten haben, ihre Daten zu verschleiern und zu minimieren
  • Es ist von Anfang an unsicher, ob sich die Nadel überhaupt in dem Heuhaufen befindet,
    in dem gesucht wird ...!

 

Der gläserne Mensch ist Illusion

Die mit Big Data verbundenen Probleme sind prinzipieller Natur und so gross, dass die flächendeckende personenbezogene Analyse weder jetzt noch in Zukunft möglich ist.

Big Data ist über weite Strecken ein Papiertiger. Die Werbeindustrie wird nie auf den gläsernen Verbraucher zugreifen können. Die NSA inclusive der mit ihr kooperierenden Geheimdienste sind auf einem methodischen Holzweg unterwegs: Sie sammeln unterschiedslos alle verfügbare Daten ohne effektive Extraktionsverfahren und die dazu erforderliche Man Power zu besitzen. Und die Allmachtsphantasien von Diktatoren a la Big Brother, den Menschen beim Denken zuzusehen und sie dabei zu manipulieren, bleiben Science Fiction.

Und das aus nur einem einzigen Grund: Wenn ich selber nicht weiss, was ich in der nächsten halben Stunde für eine u.U. weitreichende Entscheidung treffen werde, wie soll dann diese Entscheidung ein Big Data Dämon vorhersagen?!

 

Fazit

Die Angst vor Spionage und Anzapfung, die Angst vor Big Data ist unbegründet. Die Ausforschung wird immer nur einzelne Menschen betreffen und auch dann ist am Wahrheitsgehalt der Ergebnisse zu zweifeln. Eine Zukunft mit generell gläsernen Menschen ist blanke Illusion.

Aus diesem Grunde ist der ungeheure Aufwand an Personal und Geld, mit dem NSA & Co global und illigal Daten sammeln hirnrissig und ein Ausweis intellektuellen Unvermögens. Geld frisst Hirn. Typisch für die USA und alle geheimen Dienste.

Eine wirklich virulente Gefahr droht dagegen vom Cyberwar: Terroristen manipulieren die Infrastruktur und das "Internet der Dinge" via Air oder Wire. DAS sind reale Gefahren, um die sich die NSA und die anderen Agenten mit allen verfügbaren Mitteln kümmern sollten. Hier ist auch das Tätigkeitsfeld, wo sich die Big-Data-Spezialisten austoben können. Mindestens ebenso wichtig ist aber der digitale Schutz potentieller Angriffsziele.

 

 

Nachrichten zum Thema

 

Was weiss Google über mich?

Al: Ein Artikel in der FAZ der auf den ersten Blick nahe legt: Wir alle sind Google ausgeliefert:

Das Verhältnis zwischen Google und seinen Nutzern ist eine Einbahnstraße. Google weiß jeden Tag mehr über seine Nutzer, die Nutzer kaum etwas über Google. Man kann zahlreiche Dienste des Unternehmens in Anspruch nehmen und dabei Daten hinterlassen, sie aber nicht mehr zurücknehmen. Schon lange fordert die Netzgemeinde deshalb mehr Transparenz vom Silicon-Valley-Riesen ein. Google reagierte darauf 2009 mit der Einrichtung des „Dashboards“, auf dem Nutzer nachvollziehen können, welche Informationen das Unternehmen über sie gesammelt hat und aus welchen Diensten sie sich speisen. Nun hat der Speicherdienst „Cloud Fender“ außerdem sechs nützliche Links zusammengestellt:

1. Was denkt Google über mich?
Auf Grundlage der Daten, die Google sammelt, versucht das Unternehmen ein Personenprofil jedes Nutzers zu erstellen: Wie alt, welches Geschlecht, welche Interessen? Damit bietet Google dann personenbezogene Werbung an. Auf dieser Seite kann jeder nachschauen, welche Annahmen Google über ihn getroffen hat, und die Personalisierung abschalten. Mehr bei www.faz.net ...

Kommentar Al: Zuerst: Wer bei Google kein Konto hat, ist für Google nicht existent. Nur wer ein Konto hat und sich anmeldet, kann sich die im Artikel genannten Seiten ansehen. Dort stellt man fest, dass Google (heute!) nicht mehr weiss, als man selber preisgegeben hat. Man muss den Verlauf nicht aktivieren (Google Chrome z.B. sammelt ungefragt...) und Standortdaten kann es nur geben, wenn man bei seinem Handy die Ortung einschaltet (und nie wieder ausschaltet ...). Ähnliches gilt für alle sozialen Medien. Heute nutzt Google Big Data nicht aktiv, um persönliche Daten zu sammeln. Google speichert die Angaben des Nutzers (ohne den Wahrheitsgehalt zu überprüfen ...), sucht und filtern aber nicht selbst gezielt nach Informationen über jeden Nutzer. In diesem Fall könnten viel mehr Details vorhanden sein, ohne dass man selbst Angaben macht: Sie sind im Big Data des Internets prinzipiell vorhanden.

Bei diesem FAZ-Artikel sieht man wieder exemplarisch, dass bei Big Data viel Panikmache im Spiel ist. Es ist einfach viel zu aufwendig, für jeden einzelnen Nutzer aktiv nach Daten zu suchen. Möglich ist das, aber das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist nicht attraktiv. Solange die Digitaltechnik nicht intelligent ist, wird sich daran auch nichts ändern. Gut so. Mehr dazu bei www.storyal.de ...

21.11.2014 9:55

Zur Erbauung am Sonntag

Yvonne Hofstetter: Sie wissen alles: Wie intelligente Maschinen in unser Leben eindringen 
und warum wir für unsere Freiheit kämpfen müssen 
C. Bertelsmann Verlag (2014), ISBN 978-3570102169, 20 Euro

Rezension des Verlages:

Hochaktuelles Debattenbuch über die totalitäre Tendenz von Datensystemen
Die Snowden-Enthüllungen schreckten weltweit auf. Big Data heißt das neue Geschäftsmodell der Überwachung – haben wir die Kontrolle über unsere Daten längst verloren? Yvonne Hofstetter, Expertin für künstliche Intelligenz, klärt auf: Die unvorstellbaren Datenmassen, die sekündlich abgeschöpft werden und durchs weltweite Netz fluten, sind allein noch kein Risiko. Denn die Gefahr für die freiheitliche Gesellschaft geht von intelligenten Algorithmen aus. Sie analysieren, prognostizieren und berechnen uns neu, um uns zu kontrollieren – autonom, schnell, überall und immer. Sie verbreiten sich als selbstlernende Haustechnik, vernetzte Autos oder elektronische Armbänder. Hofstetter fordert dazu auf, das einzige Supergrundrecht unserer Gesellschaftsordnung, die Menschenwürde, gegen die digitale Revolution zu verteidigen. Sie plädiert für eine neue Gesetzgebung, eine Ethik der Algorithmen und eine gesellschaftliche Debatte darüber, was der Mensch in Zukunft sein will.

Quelle: www.randomhouse.de ...

  Hofstetter Sie wissen alles

Kommentar Al: Yvonne Hofstetter, Juristin, "erfolgreiche Unternehmerin und Expertin für Künstliche Intelligenz", warnt vor einer heraufziehenden Herrschaft der Maschinen." Sie ist mit diesem Buch eine würdige und ebenbürtige Nachfolgerin von Frank Schirrmacher und seinem Buch Payback (2009). Was ist aus seinen Prophezeiungen geworden? Wie er, redet auch Frau Hofstetter von Algorithmen, intelligenten Maschinen, Big Data und dem Weltuntergang. Aber zu allererst will sie wie Schirrmacher einen Aufreger schreiben und Geld verdienen. Da ist solides Fachwissen hinderlich. Es gibt nicht die intelligenten Maschinen, von denen sich Frau Hofstetter fürchtet. Computern muss der Mensch sagen, was sie tun sollen. Es wird nie den gläsernen Menschen geben, mit dem sie uns Angst macht. Natürlich gibt es den Rechtsbruch der NSA und aller mit ihr kooperierenden Geheimdienste. Das Internet kann auch sehr gefährlich werden (Cyberwar) und auch bei Big Data lauern Gefahren. Entwarnung aber kommt durch zwei Aspekte: Heute existiert nicht einmal ein Ansatz für Künstliche Intelligenz und um jeden Einzelnen total auszuforschen benötigt man mehr Menschen als die Masse der Menschen, die Daten produzieren! Mehr dazu bei www.storyal.de ...

14.09.2014 17:55

Das Lolligroße Auge Gottes

Internet-Debatte In "Der Circle" erzählt der US-Schriftsteller Dave Eggers die Geschichte eines totalitären Superkonzerns, der Ähnlichkeiten mit Google, Facebook und Amazon aufweist - ein satirisches Horrorszenario
DER SPIEGEL 32 / 2014

Kommentar Al: Weltuntergangsphantasien und Panikmache ohne Bezug zur Realität. Die wirklich interessante Frage, wie unsere digitalisierte Welt in 30 Jahren aussehen wird, ist offen. Siehe auch www.storyal.de ...

11.08.2014 8:39

 
Links zum Thema

9/11 hat alles verändert www.stuttgarter-zeitung.de ...

So arbeiten Chinas Spione www.wsj.de ...

Binney spricht von „totalitärem“ Ansatz www.faz.net ...

Big-Data-Konferenz: Programm der data2day ist online www.data2day.de ...

Wie Big Data den Menschen kategorisiert www.faz.net ...

Klaus Mainzer: Die Berechnung der Welt. www.deutschlandfunk.de ...

Künstliche Intelligenz für Big Data, Sprache und Bildung www.metropolnews.info ...

Vier Mythen über Big Data Analytics www.haufe.de ...

Big Data Analytics statt Krieg www.crn.de ...

MH17: Wo bleiben die Beweise der Geheimdienste? www.heise.de ...

 

 

 

Jürgen Albrecht, 16. Juli 2014
update: 21.11.2014

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