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Outlook to the future 2050

What will be in 2050?

 

   
Ein reisserischer SPIEGEL Aufmacher

Ein wirklich interessanter Artikel von Thomas Schulz: Das Morgenland, Der Spiegel 10/2015, Seite 20 -29. Zitat: "Im Silicon Valley form sich eine neue Elite, die nicht nur bestimmen will, was wir zu konsumieren haben, sondern wie wir leben. Sie will die Welt verändern und keine Vorschriften akzeptieren. Müssen wir sie stoppen?"

 

Gebbia von Airbnb

 

Wer will nicht an etwas Grossem arbeiten und die Welt verändern?! Die Gier nach Ansehen, Eigentum und Macht ist unser stärkster Antrieb. Diese Gier ist in unseren Genen fest verdrahtet. 24 Stunden, sieben Tage in der Woche nur Sex, das geht nicht. Aber jede Minute, und das jahrelang, nach Macht und Geld und nach mehr Macht und Geld zu gieren, das schaffen viele. Gier ist unser Basic Instinct, nicht Sex. Auch die Kreativen aus dem Silicon Valley werden durch diese Gier angetrieben. Sie alle haben die Hoffnung, aus ihren Unternehmen mindestens geldwerte Vorteile, möglichst aber Macht zu gewinnen. Und die gleich über die ganze Welt.

So einfach aber ist es nicht. Ein auf dem Markt gefragtes Produkt bedeutet noch keine Macht. Erst wenn das Produkt Profit erwirtschaftet, wird aus Profit = Geld = Kapital = Macht. Je mehr Geld man hat, desto grösser die Chance, damit Wirkung zu erzielen, durchaus auch weltweit. Aber unsere technische Zivilisation ist viel zu komplex, als dass sie von einzelnen Menschen oder speziellen technischen Entwicklungen - beispielsweise durch Windows - dominiert werden könnte. Ausserdem wird die Entwicklung dieser Zivilisation nicht von einzelnen Menschen gesteuert. Sie ist die Folge des Verhaltens der Gesamtheit aller Menschen, die auf der Erde leben und versuchen, ihre ganz subjektiven Ziele zu erreichen. Weil die Welt ein "Selbstläufer" ist, existieren auch keine Mittel um vorherzusagen, wie sie 2050 aussehen wird. Jede Prognose ist - mehr oder weniger - Spekulation.

 

Der Spiegel 10 / 2015

 

Leichter als eine exakte Prognose sind Aussagen, was nicht sein wird: UBER wird 2050 nicht den weltweiten Individualverkehr in der Hand haben. Die technologische Singularität wird nicht eingetreten sein. Im Jahr 2050 werden nicht Maschinen die Menschen regieren, es wird immer noch umgekehrt sein. Auch Staaten und Gesetze wird es im Jahr 2050 noch geben. Sogar der Anarchokapitalismus der Libertaristen würde ohne Staat und ohne alle Regeln nicht funktionieren. Airbnb (Gebbia) wird nicht das einzige Unternehmen sein, das Reisen und Übernachtungen weltweit organisiert. Und die Google Glass Brille führt nicht mit Big Data direkt zur Weltregierung. Diese Leute und ihre Entwicklungen braucht niemand zu stoppen. Im Gegenteil, sie sind viel eher nützlich, als damit Gefahren verbunden sind: Visionäre Forscher und Unternehmer machen die Welt interessant.

 

Warum werden wir nicht bald vom Silicon Valley regiert?

1. Der Mensch bleibt Mensch

Das Mass aller Entwicklungen der menschlichen Gesellschaft ist und bleibt der Mensch. UBER, Big Data oder Airbnb sind keine Naturgewalten, sie wirken nur über den Menschen auf diese Zivilisation. Der Mensch ist der entscheidende Filter für die Wirkmächtigkeit aller technischen Entwicklungen. Wenn eine Technologie seinen Bedürfnissen (und seiner Gier ...) nutzt, wird er sie anwenden. Ein Gadget dagegen bleibt eine interessante Eintagsfliege. EINE Technologie, EIN technisches Spielzeug. Der Mensch aber besitzt unendlich viele Interessen und Bedürfnisse. Gleichzeitig aber wird er weiterhin von seiner animalischen Gier gesteuert: Gier nach Eigentum, Macht und Ansehen. EINE technologische Entwicklung beeinflusst immer nur einen Bruchteil der gesamten menschlichen Bedürfnisse. Kein Mensch fährt auf einmal nur 24 Stunden lang durch die Stadt, weil es plötzlich UBER gibt!

Auch entscheidend wichtig: Noch (!) wird niemandem zwangsweise eine Fussfessel mit einem GPS-Sender angelegt. Jeder Mensch ist frei in seiner Entscheidung, die digitalen Geräte und Technologien zu nutzen oder es zu lassen. Er hat es selbst in der Hand, in welchem Masse er beispielsweise soziale Netzwerke nutzt, seine Privatsphäre öffentlich macht und welche digitalen Daten er produziert. Wer dieser Freiheit nicht gewachsen ist (wie z.B. Herr Schirrmacher, Payback), sollte sich qualifizieren. Weder der Staat noch irgendwelche Unternehmen haben die Pflicht, Menschen vor ihrer eigenen Dummheit zu schützen. Das ist hart, aber so hart ist das Leben.

Ausserdem ist der Mensch absolut konservativ. Grundsätzlich besitzt er die Bedürfnisse und den Körper eines Jägers und Sammlers, der vor 15.000 Jahren in der Tundra am Eisrand der letzten Gletscher nach Nahrung suchte. Die damaligen Grundbedürfnisse existieren heute immer noch. Deshalb wird sich in den nächsten 50 Jahren mit Sicherheit kein Handlungszwang bei allen Menschen entwickeln, die Jalousien im fernen Kinderzimmer vom Einkaufszentrum aus zu schliessen. Der Mensch will vor allen Dingen leben. Leben aber heisst Vielfalt und Gemeinschaft. Spielen mit technischen Geräten alleine reicht nicht aus.

 

UBER funktioniert in Berlin

UBER funktioniert in Berlin

 

2. Geld ist mächtiger als Technologie

Die Visionäre im Silicon Valley wollen mit Technik und Technologie die Welt dominieren. Technik ist in erster Linie Werkzeug. Indigene Macht aber verleiht nur Eigentum und Geld. Aber auch dann ist der Einfluss auf die Welt für einen einzelnen Menschen begrenzt. Das beste Beispiel dafür ist Bill Gates. Kaum ein anderer Mensch der Neuzeit hat diese Zivilisation mit dem von ihm entwickelten Produkt so beeinflusst, wie Gates mit Windows. Bill Gates wurde damit reich und er besitzt heute rund 80 Milliarden Dollar, ein Viertel des deutschen Staatshaushalts.

Kann er damit den Gang der Dinge beeinflussen? Er könnte Griechenland (ein bisschen) vor der Pleite retten. Schon das wird er nicht tun. In der Ukraine oder im Nahen Osten hätte er mit 80 Milliarden Dollar keine Chance, die Welt zu verbessern. Die technologischen Visionäre jagen mit ihren Allmachtsphantasien also einem Phantom nach.

 

3. Es gibt immer Alternativen

Im Silicon Valley träumt man von Monopolen, von einzigartigen, konkurrenzlosen Lösungen. Nur das Leben selbst ist alternativlos. In allen anderen Fällen aber gibt es immer Alternativen. Das scheint ein Naturgesetz zu sein: Keine Pflanze, keine Seuche, kein Lebewesen ist in der Lage, die Welt zu dominieren. Windows hat in der IT einen sehr hohen Stellenwert, aber es gab von Anfang an Alternativen: Linux und iOS, beispielsweise. Nach einem berauschenden Hype stellt sich immer ein Gleichgewicht ein. Man denke an nur an den Hype um das iPhone und den iPad.

Vielfalt ist der Normalfall. Monopole sind nie total. Das gilt für die Natur, das Leben und auch für alle technischen Entwicklungen. Neben der so wichtigen Informationstechnologie gibt es viele andere Bereiche, die auf die Gesamtentwicklung dieser Zivilisation Einfluss nehmen: Energie, Gentechnik, Maschinenbau, Materialwissenschaften, Technologie, Grundlagenwissenschaften usw. Ein grosser Irrtum: Die Technik der Gesellschaft ist nicht nur digital ...!!

 

4. Maschinen sind nicht intelligent

Die technologische Singularität, die die Technik-Nerds in California erwarten, geht von intelligenten Maschinen aus. Nicht nur das: Von Maschinen, intelligenter als der Mensch. Sie werden dem Menschen die Macht aus der Hand nehmen und eine Maschinen-Regierung errichten ... Angeblich. Und bald ...!

Heute aber existiert keine künstliche Intelligenz (KI) und viel schlimmer noch: Wir verstehen nicht, wie unsere eigene Intelligenz funktioniert: Es existiert nicht einmal eine Hypothese dafür, nach welchem Wirkprinzip unser Gehirn arbeitet. Wie aber wollen wir Maschinen mit Intelligenz ausstatten, wenn wir nicht wissen, was das eigentlich ist? Das ist die gegenwärtige Situation ... nach 70 Jahren KI-Forschung! Daran wird auch nichts ändern, dass die EU mit einer Milliarde Euro das HBP-Project fördert, mit dem das menschliche Gehirn simuliert werden soll. Ein utopisches Hirngespinst!

Ausserdem - Und ganz entscheidend: Für eine solche technologische Singularität wäre nicht nur maschinelle Intelligenz erforderlich! Die intelligenten Maschinen müssten auch noch alle Eigenschaften hoch entwickelter Lebewesen besitzen! Technische Roboter müssten besser als natürlicher Roboter sein!! Wie sonst sollte eine intelligente Maschine Gewalt über Menschen ausüben, wenn sie ihr PC-Gehäuse nicht verlassen kann?! Diese notwendige Forderung führt die technologische Singularität ad absurdum.

Auch wenn in der Industrie zunehmend sensiblere und nützlichere Roboter arbeiten und es bald autonom im Strassenverkehr agierende Autos geben wird - Mit menschlicher Intelligenz hat das alles nichts zu tun. Deswegen ist die technologische Singularität nicht mehr als eine Hypothese. Eine von vielen Weltuntergangs-Theorien.

 

5. Der Libertarismus - Eine Gesellschafstutopie

Der Libertarismus hantiert mit dem Begriff "Selbsteigentum". Selbsteigentum steht für die Überzeugung, dass über den Körper und die Lebensweise einer Person allein diese selbst zu bestimmen hat. Der Begriff „Selbsteigentum“ geht auf das englische Wort „self-ownership“ zurück, das von nordamerikanischen Autoren Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt wurde. Im Extremfall führt diese Überzeugung zu einer Lebensweise, die jede staatliche Bevormundung und alle gesellschaftlichen Normen ablehnt und die totale persönliche Freiheit propagiert und lebt.

Für die Visionäre des Silicon Valleys ist das die richtige Ideologie, weil sie über Unmengen von Geld verfügen. Sie bemühen sich, danach zu leben und sind der Meinung, dass jede Form von Staat abgeschafft und die simplen Regeln des Kapitalismus ausreichen, um alle Beziehungen zwischen den Menschen zu organisieren. Diese Überzeugung führt direkt zum Anarchokapitalismus. Er bedeutet: Jeder hat so viel Freiheit, wie er Geld besitzt. Nach diesem Grundsatz hat beispielsweise UBER sein Geschäft in bisher fast 50 Ländern (meist illegal) eingeführt, und dabei alle Landesgesetze ignoriert. UBER kann jeden Rechtsstreit aus der Portokasse bezahlen, jedes juristische Verfahren endlos in die Länge ziehen und parallel dazu sein Geschäft betreiben. Aber wie kommen Hartz IV-Empfänger im Anarchokapitalismus zurecht ...?!

Klar, dass nach dieser Maxime gerne Leute leben wollen (und können), die Milliarden Dollar auf ihren Konten haben. Genauso klar aber auch, dass eine Massengesellschaft so nicht funktionieren kann. Völlig überraschend aber funktioniert unsere Welt heute tatsächlich so, wenn auch in abgewandelter Form und mit staatlichen Regeln und Gesetzen! Grundlage der heutigen, globalisierten Gesellschaft ist faktisch die Prämisse: Jeder hat so viel Freiheit, wie er Geld besitzt ...! (s.unten, Diktatur des Kapitals)

 

6. Mit Big Data verbinden sich viele Illusionen

Die NSA sammelt und speichert in Kooperation mit anderen Geheimdiensten alle Daten, derer sie habhaft werden kann. Illegal wird die weltweite Kommunikation angezapft, riesige Speicherstrukturen werden angelegt. Die Politik erweist sich als unfähig, diese Aktivitäten zu kontrollieren oder zu stoppen. Auch Google, Facebook, UBER, Airbnb & Co sammeln alle personenbezogen Daten, die sie aus ihren Systemen gewinnen können.

Der Antrieb für diese Aktivitäten ist die Hoffnung, mit Big Data die Welt zu beherrschen und aus Big Data Macht zu extrahieren. Das hat sich bisher als grosse Illusion erwiesen. Es werden zwar Unmengen von Daten gesammelt und gespeichert, aber bisher geschieht das vorwiegend präventiv!

Es gibt kaum Meldungen über Erfolge, die durch Big Data möglich geworden sind. Im Gegenteil: Wie läppisch und belanglos ist die angeblich personalisierte Werbung, die uns via E-Mail von Google oder Amazon erreicht! Von wesentlicher politischer Bedeutung aber wären beispielsweise konkrete Informationen über die taktische Lage im Ukraine-Konflikt und über die IS-Terroristen - Es gibt sie nicht. Das Attentat auf Charlie Hebdo wurde nicht verhindert, obwohl diese Leute sogar schon den Geheimdiensten aufgefallen waren! Und im Konflikt mit dem Iran existieren keine handfesten Beweise dafür, wie weit weg der Iran von der Atombombe ist. Der Grund: Prinzipielle Probleme machen es sehr schwer bis unmöglich, aus Big Data verwertbare Erkenntnisse zu extrahieren und damit Macht zu gewinnen (s.u.).

 

 

Wie wird aus Big Data Macht?

Das ist eine der entscheidenden Fragen, die sich heute alle stellen, die legal oder illegal Daten sammeln. Sie alle haben die Hoffnung, aus der Datenflut Erkenntnisse zu gewinnen, die ihnen mindestens geldwerte Vorteile, möglichst aber Macht verschaffen. Dabei existieren zwei Arten von Problemen:

1. Prinzipielle Analyseprobleme

Die Analyse neuer Erkenntnisse aus grossen Datenmengen mit Technologien von Big Data ist nicht trivial.
Prinzipielle Probleme (von denen niemand spricht) verhindern die Analyse von Big Data:

  • Es existieren viel mehr Daten als Menschen, die sie durchforsten könnten.
  • Um vage Aussagen über das Verhalten eines einzelnen Menschen machen zu können,
    muss man ihm permanent einen Psychologen zur Seite stellen!
  • Die Suche erfordert Intelligenz, die Maschinen nicht besitzen. Man Power ist erforderlich.
  • Die Datenbeschaffung ist zum grössten Teil illegal.
  • Die Datenmengen sind sehr gross und sehr heterogen.
  • Die Big Data-Analyse kann nie live erfolgen.
  • Das Such- und Analyseproblem ist hoch komplex.
  • Suchalgorithmen zu entwickeln, erfordert hoch qualifizierte Spezialisten.
  • Es existieren keine Verfahren, das menschliche Denken direkt zu beobachten.
  • Das konkrete Verhalten von Menschen ist nicht exakt vorherseh- und berechenbar ->
    Der Mensch weiss ja selber nicht, was er morgen um 10:23 Uhr tun wird!
  • Der Wahrheitsgehalt der mit Big Data gewonnenen Erkenntnisse ist immer in Zweifel zu ziehen, weil
  • Die Menschen viele Möglichkeiten haben, ihre Daten zu verschleiern und zu minimieren.
  • Es ist von Anfang an unsicher, ob sich die gesuchte Nadel überhaupt in dem Heuhaufen befindet, 
    in dem gerade gesucht wird ...!

 

2. Umwandlung von Big Data in Macht

Prinzipielle Probleme verhindern auf Dauer den "gläsernen Menschen". Am sichersten sind Daten im Kopf eines Menschen aufgehoben ...! Aber auch wenn es den gläsernen Menschen geben würde - Wie könnte dann ein anderer Mensch Macht über seinen Mitmenschen gewinnen? Ohne Gewalt und ohne Einschränkung bürgerlicher Freiheiten ist das nicht vorstellbar.

Im Verlauf der bisherigen Menschheitsgeschichte hat es nur zwei Arten von Machtausübung von Menschen über Menschen gegeben: Macht durch Gewalt und Macht durch Geld. Nur Gewalt und Geld bedeuten indigene Macht.

Macht durch Gewalt ist in den letzten 50 Jahren gerade wieder erprobt worden. Das funktioniert - siehe DDR und UdSSR - Aber sobald die Gewalt nicht mehr vorhanden ist, existiert auch die Macht nicht mehr. Es ist vorstellbar, auch mit Hilfe beispielsweise eines zensierten und manipulierten Internets eine repressive Diktatur zu errichten. Diese Gefahr ist heute latent vorhanden. Es gibt dafür einen untrüglichen Marker: Sobald die Freiheit des Internets eingeschränkt und das Internet zensiert wird, ist Gefahr im Verzug. Dann droht die Big Data-Diktatur.

Macht durch Geld ist die wesentlich elegantere, die smarte Variante. Die IT-Unternehmen haben kein Interesse an Gewalt gegen Menschen. Sie wollen an Menschen verdienen. Profit aus IT-Geschäften bedeutet Geld und Macht. Nicht Macht über die Welt, aber Macht, um durchaus weltweit Wirkung zu erzielen. Weltweite Macht aber hat nur das geballte Kapital: Das gegenwärtige, krisenanfällige Finanzsystem. Hier sitzen die wenigen Menschen, die über Banken und andere Finanzunternehmen mit Billionen von Dollar und Euro jonglieren können. Diese Leute aber sind, wie die Unternehmer im Silicon Valley, so intelligent zu wissen, dass sie die Kuh nicht schlachten dürfen, die sie melken wollen. Dieses Prinzip führt direkt zur smarten Diktatur des Kapitals, zu einer Symbiose zwischen dem cleveren Produzenten und seinem einfältigen Kunden.

 

Vogl 'Das Gespenst des Kapitals'

 

Die smarte Diktatur des Kapitals

Nur Eigentum und Geld verleiht indigene Macht. Das aktuelle Zins- und Kreditsystem bewirkt langfristig die Akkumulation des Kapitals in den Händen einer kleinen Elite. Die Politik unterliegt zunehmend globalen finanziellen Zwängen, durch den ihr Handlungsspielraum massiv eingeschränkt wird (Extremfall: Die "Troika" aus IWF, EZB und EU dominiert seit Jahren die Politik in Griechenland). Aus nationalen Demokratien und Diktaturen sind deshalb in den letzten zehn bis zwanzig Jahren Oligarchien und Plutokratien geworden. Ein Trend, der in den USA bereits im vorigen Jahrhundert initiiert wurde, heute aber deutlich auch in Europa (incl. Deutschland), Russland und Südamerika zu beobachten ist. Das Primat der Politik ist längst perdü. Diese Staaten geben sich einen demokratischen Anstrich, de facto und de jure aber regiert eine globale Diktatur des Kapitals mit nur einem Ziel: Profit um der Macht willen.

Diese smarte Diktatur unterscheidet sich aber qualitativ von allen bisher bekannten Diktaturen: Die Mächtigen sind so intelligent zu begreifen: Ohne Massenmarkt kein Profit und keine Akkumulation von Kapital. Relativer Massenwohlstand nutzt den Reichen und den Armen. Der Prüfstein der smarten Diktatur des Kapitals besteht darin, eine Balance zwischen Arm und Reich zu halten die sicherstellt, dass das Volk ruhig und zufrieden auf dem Sofa sitzt, anstatt auf die Barrikaden zu gehen. Soziale Unruhen bedeuten, diese Balance ist gestört. Dann ist die Diktatur nicht smart, sondern repressiv.

Massenmanipulation in diesem Sinne ist viel intelligenter als Gewalt, um ganze Völker ruhig zu stellen. Die digitale Kommunikationstechnik liefert dafür die idealen Instrumente. Die smarte Diktatur des Kapitals braucht deshalb keinen Stacheldraht mehr, kein Parteilehrjahr, keinen Schiessbefehl und auch keine Ideologie oder Religion: Wohlstand auf niedrigem Niveau, kombiniert mit intelligent von den Regierenden im Hintergrund manipuliertem Internet und Fernsehen sorgt dafür, dass die Masse des Volkes satt und zufrieden in ihren vier Wänden mit sich selbst beschäftigt ist.

Die mögliche digitale Überwachung ist latent und bei Bedarf total, Dank NSA & Co. Die Mächtigen wissen damit genau, was die Masse denkt, tut und will. Auf diese Bedürfnisse kann ganz gezielt reagiert werden. Im Bedarfsfall kann damit aus der smarten Diktatur des Kapitals auch schnell und mit wenig Aufwand eine repressive Cyberdiktatur werden.

 

Zukunftsmodell Pillkahn

 

 

Wie sieht die Welt im Jahr 2050 aus?

Unter der Voraussetzung, dass es keinen Atomkrieg, keinen globalen Stromausfall, keine globale Finanzkrise incl. Umschuldung und Währungsreform und auch keine extraorbitante Naturkatastrophe gab: Die Welt im Jahr 2050 unterscheidet sich nicht viel von der heutigen. Der Kapitalismus existiert immer noch und die smarte Diktatur des Kapitals wurde weiter optimiert. Demokratie und Freie Wahlen existieren, aber nur für den schönen Schein. Das Primat der Politik ist eine Legende aus der Vergangenheit. Europa ist weiterhin nationalstaatlich zersplittert. Die Welt spricht English, aber China ist die dominierende Weltmacht. Der chinesische Zentralismus verschafft dem Land wirtschaftliche Vorteile gegenüber der pro forma demokratisch verfassten "Westlichen Welt".

War die Diktatur des Kapitals smart genug, gibt es im Jahr 2050 weniger Konflikte, weniger Terrorismus und weniger Elend weltweit. Wurde von den Kapitaleignern mehr Gier als Vernunft investiert, haben sich die Konflikte verschärft, im schlimmsten Fall inclusive Atomkrieg im Nahen Osten.

Die Technik hat sich qualitativ verändert, wenn nur noch nachhaltige Energien verwendet werden, das Speicherproblem für Elektroenergie gelöst ist und die Sprachsteuerung die Tastatur überflüssig gemacht hat. Es ist aber sehr fraglich, ob das bis 2050 erreichbar ist. Industrie 4.0 ist schon längst vergessen und das Internet of Things ist Realität: Die Durchdringung der Gesellschaft durch das Internet ist total. Am grössten ist der Fortschritt in der Bio- und Gentechnologie: Der Mensch hat die Metagenomik und die Holobionten besser verstanden als heute und er lernt die biochemischen (nachhaltigen) Verfahren zu nutzen, die Mikroben in den letzten drei Milliarden Jahren entwickelt haben. Aber existiert bereits eine einleuchtende Hypothese über das Wirkprinzip des menschlichen Gehirns ... Ein grosses Fragezeichen!

Mehr über die Zukunft der technischen Zivilisation zu sagen, wäre Spekulation.
Man kann aber heute bereits deutlich erkennen, was im Jahr 2050 nicht sein wird:

  • Es redet niemand mehr von der Weltherrschaft des Silicon Valleys.
  • Die Nationalstaaten und
    das steinzeitliche Zins- und Kreditsystem sind nicht abgeschafft -
    Im Gegenteil: Dieses Finanzsystem ist unausrottbar.
  • Der legendäre "Neue Mensch" der Kommunisten ist nicht auferstanden.
  • Es hat sich nichts geändert: Die meisten der weltweiten Konflikte
    haben religiöse Ursachen.
  • Die technische Entwicklung ist durch grosse Vielfalt (ohne Standards ...!)
    und nicht durch Uniformität und Monopole gekennzeichnet.
  • Das Energieproblem der technischen Zivilisation ist nicht gelöst ...
    obwohl wir buchstäblich auf einer unerschöpflichen Energiequelle sitzen: Geothermie!
  • Wahrscheinlich wurde der Turing-Test immer noch nicht von einer Maschine bestanden.
    Wenn doch, existiert noch lange keine KI,
    die qualitativ der menschlichen Intelligenz entspricht.
  • Es existiert kein digitales Modell des menschlichen Gehirns,
    detailliert "bis hinunter auf die molekulare Ebene": Das HBP war grandioser Nepp.
  • Die technologische Singularität ist nicht in Sicht.
  • Gegen Gewalt und Geld hat Vernunft immer noch keine Chance
  • Die Schere zwischen Arm und Reich ist nicht beseitigt.
    Im Gegenteil. Die Akkumulation des Kapitals hat zugenommen.
  • Das Volk ist nicht gebildet und wird durch relativen Wohlstand
    und passgenaue, manipulierte Uterhaltungen vor grossen Monitoren ruhig gestellt.
  • Der Glaube an unendliches Wachstum trotz endlicher Recourcen ist ungebrochen.

In der Summe wird man 2050 sagen: Nichts umwerfend Neues. Aber das Klima in Germany hat sich verbessert:
Es ist etwas wärmer geworden. Im Sommer, aber auch im Winter ... Vielleicht!

 

Die Forschungsergebnisse der letzten Jahre geben immer öfter zu erkennen,
dass natürliche Schwankungen im Klima erheblich sind.
Der aktuelle Temperatur-Hiatus zeigt, dass das Klimasystem derzeit
noch nicht in seiner vollen Komplexität verstanden ist
und die globalen Klimamodelle noch nicht ausreichen.

Vorsicht:
Das sind alles Simulationen, Modellrechnungen, Interpolationen.
Legt man ein Lineal an und interpoliert, wie vor 50 Jahren,
kommt auf im Jahr 2050 auf +0,5° ...!
Die Klimakatastrophe:
Ein Arbeitsbeschaffungsprogramm.

 

 

 

Interessante Informationen am Rande

Digitale Sonntagsreden

Zitat Henrik Müller: Eine Studie der Oxforder Forscher Carl Benedikt Frey und Michael Osborne kommt zu dem Ergebnis, dass durch die digitale Revolution 47 Prozent der heutigen US-Arbeitsplätze gefährdet sind; in anderen westlichen Ländern dürften die Dimensionen ähnlich sein.

Beispiele? Taxifahrer, die Verlegenheitsbeschäftigung aller Jobsuchenden, werden nicht mehr gebraucht, wenn selbstfahrende Autos erst zum Standard geworden sind. Vollautomatische Frachtschiffe machen Crew und Captain überflüssig. Einfache Smartphones werden per Spracherkennung zum Diktier- und Transkriptionsgerät; Sekretärinnen, die bislang Diktate abgetippt haben, müssen sich andere Aufgaben suchen. Kriege werden mit Drohnen und selbstlenkenden Cruise Missiles geführt. Roboter erobern Haushalte, die Haus- und Putzfrauentätigkeiten ersetzen. Handwerker werden durch 3D-Drucker überflüssig, Fahrradkuriere durch selbststeuernde Logistikdrohnen, Hochschullehrer durch internetbasierter E-Universitäten ... Das ist kein Science Fiction. All das gibt es schon. Es wird nur noch nicht massenhaft genutzt. Aber das kann sich rasch ändern.

Ist die Bundesrepublik für die neue Zeit gerüstet? Mehr bei www.spiegel.de ...

Kommentar Al: Wieder stellt sich die Frage, wie die digitale Zukunft aussehen wird und ob die Bundesrepublik dafür gerüstet ist. Wieder wird Illusionen nachgejagt: Nur ein Beispiel. Handwerker werden durch 3D-Drucker überflüssig. Nur wer sich noch nie mit CAD/CAM befasst hat und selber keinen Nagel in die Wand kriegt, kann so einen Schwachsinn von sich geben! In den nächsten 30 Jahren wird es nur wenig grundlegende technologische Umbrüche geben. Alles (ausser der Kriegsführung) was oben beschrieben wird, ist 2050 nicht Realität (warum nicht?). Allerdings bleibt ein Problem virulent, das heute bereits existiert: Deutschland ist nur Nutzer digitaler Technologien, in Germany werden weder Betriebssysteme, Prozessoren oder Smartphones produziert. Germany ist digital auf Dauer abhängig von Amerika und Asien. Aber Bosch ist Marktführer im Sensorgeschäft. Immerhin.

PS: Wer ist dieser famose Herr Müller? Zitat: "Professor für wirtschaftspolitischen Journalismus an der Uni Dortmund. Zuvor arbeitete der promovierte Volkswirt als Vize-Chefredakteur des manager magazin ..." Aha, weil er kein Ingenieur oder Computerspezialist ist (die sehen das alles immer so kompliziert), kann er uns besonders gut die digitale Welt erklären. So wie Schirrmacher, Lobo und viele andere Grossßssprecher.

15.03.2015 9:47

Diese 16 Megatrends werden unsere Zukunft maßgeblich beeinflussen

Bei der Beschäftigung mit Zukunft wird schnell klar, dass viele Entwicklungen, die heute schon zu erkennen sind, in gleiche Richtungen gehen. Es müssen somit Teile von großen übergeordneten Trends sein. Über die Zeit haben viele Forscher und Organisationen diese Entwicklungen zu Megatrends zusammengefasst. Inspiriert von diesen Arbeiten haben wir unsere eigenen Erfahrungen mit den vorhandenen Megatrends abgeglichen und unsere eigene Megatrendübersicht zusammengestellt. Am Ende sind wir bei einer Einteilung in 16 Megatrends angelangt. Diese speisen sich jeweils aus 6 bis 10 einzelnen Trends. Die Haupttrends sind nach Alphabet sortiert und stellen somit keine Wertung der Wichtigkeit dar. Diese ist für jeden individuell unterschiedlich. Eine umfassende Übersicht von Megatrends ist immer etwas in Bewegung und nie Endgültig. Wir möchten unsere hier zusammengestellten Megatrends deshalb für Diskussionen öffnen und freuen uns auf einen interessanten Austausch.

Details zu den 16 Megatrends: www.zukunftsstark.org ...

 

Die Gaia-Hypothese

Die Gaia-Hypothese wurde von der Mikrobiologin Lynn Margulis und dem Chemiker, Biophysiker und Mediziner James Lovelock Mitte der 1960er-Jahre entwickelt. Sie besagt, dass die Erde und ihre gesamte Biosphäre wie ein Lebewesen betrachtet werden kann; in dem Sinn, dass die Biosphäre – die Gesamtheit aller Organismen – Bedingungen schafft und erhält, die nicht nur Leben, sondern auch eine Evolution komplexerer Organismen ermöglichen. Die Erdoberfläche bildet demnach ein dynamisches System, das die gesamte Biosphäre durch Rückkopplungsmechanismen stabilisiert. Diese Hypothese setzt eine bestimmte Definition von Leben voraus, wonach sich Lebewesen insbesondere durch die Fähigkeit zur Selbstorganisation beziehungsweise Autopoiesis auszeichnen. Die Bezeichnung leitet sich von Gaia, der Erdgöttin und Großen Mutter der griechischen Mythologie, ab. Aus der Gaia-Hypothese ist die Physiologie der Erde (Geophysiologie) entstanden.

Mehr bei www.living-gaia.org ...

 

2050. Die Zukunft der Gesellschaft - Drei Thesen

These I Wie auch immer sich die Zukunft entwickelt, die ökonomische Struktur dieser Gesellschaft spielt für diese Entwicklung eine immense Rolle. Die Trias von Ökonomie in der Industriegüterproduktion, neuen Technologien und Freizeit ist vermutlich die Basis einer vernünftigen ökonomischen Entwicklung. Diese Entwicklung muss nicht unbedingt eine Wachstumsentwicklung sein – vor allem, wenn man sich auch qualitative Formen von Entwicklung im Gegensatz zur stets quantitativ gedachten Entwicklung vorstellen kann.

These II Wenn wir nicht gut aufpassen, werden wir weitere und neue Ungleichheitsprobleme in unserer Gesellschaft bekommen. Setzen wir allein auf hoch und höchst qualifizierte Bildung, werden wir möglicherweise eine Segregation zwischen denjenigen, die viel Bildung haben und denen, die keine Bildung haben, erleben, die eine Gesellschaft an ihre Grenzen bringt. Hinzu kommen enorme Mobilitätsprozesse, die in unserer Gesellschaft stattfinden. Zu den einigen sehr privilegierten Regionen kommen viele Gegenden, die völlig abgehängt werden, so dass die Einheitlichkeit der Lebensbedingungen hinsichtlich Infrastruktur und Versorgung nicht mehr gewährleistet ist. Außerdem bleibt die Frage nach der Integration all jener, die zu uns gekommen sind. Hier werden wir gezwungen sein, das Problem zivilgesellschaftlich zu lösen.

These III Wir müssen unsere Lebensläufe anders als bisher und grundlegend neu organisieren.

Mehr bei https://www.sowi.hu-berlin.de ...

 

Zukunfstmodell nach Pillkahn

Der hoffnungsvoll-magische Blick in die Zukunft ist einerseits durch Nichtwissen, fehlende Vorstellungskraft und fehlende Kenntnis über Zusammenhänge begrenzt. Andererseits bietet Foresight durch die Auseinandersetzung mit aktuellen und zukünftigen Entwicklungen die Möglichkeit des frühzeitigen Eingreifens und des Gestaltens. In einer komplex-chaotischen Welt schafft man so Orientierung und sorgt für das „Einen-Schritt-voraus-sein-Gefühl“. Mehr bei www.medialine.de ...

 

Leserbriefe zu dieser SPIEGEL-Titelstory

 

Leserbriefe zu Thomas Schulz: Das Morgenland, Der Spiegel 10/2015

 

 

Weblinks

Thomas Schulz, Das Morgenland, Der Spiegel 10/2015, Seite 20 -29

Google Glass http://de.wikipedia.org ...

Industrie 4.0 http://de.wikipedia.org ...

Zukunftsforschung http://de.wikipedia.org ...

Emergenz www.si-journal.de ...

Selbsteigentum http://de.wikipedia.org ...

Anarchokapitalismus http://de.wikipedia.org ...

Alles ist im Fluss ... www.storyal.de ...

Libertarismus http://de.wikipedia.org/wiki/Libertarismus

Technologische Singularität http://de.wikipedia.org ...

Big Data http://de.wikipedia.org ...

Das Internet im Jahr 2033 www.storyal.de ...

Die Freie Welt mutiert zur Cyber-Diktatur www.storyal.de ...

Das Ende von Demokratie und Pluralismus www.storyal.de ...

Temperatur-Hiatus https://www.zamg.ac.at ...

Joseph Vogl, Das Gespenst des Kapitals, Verlag Diaphanes, (2010), ISBN-13: 978-3037341162

Deutschland ist für die digitale Revolution nicht gerüstet www.spiegel.de ...

 

 

 

 

 

 

 

Jürgen Albrecht, 04. März 2015
update: 08.12.2015

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