Wo liegt das Problem?Kompakt- und Bridge-Cameras bieten bis zu 50 x optischen Zoom, die Lichtstärke dieser Objektive aber ist gering und der Bildsensor nur fingernagelgross. Wenn dann noch die Auflösung bis auf 18 MPixel hochgeschraubt wird, können die Erwartungen an qualitativ hochwertige Tele-Fotos nicht mehr erfüllt werden. Ausserdem existieren noch mindestens zwei physikalische Probleme: (1) Der Informationsgehalt eines Bildausschnitts in der Natur nimmt mit dem Quadrat der Entfernung zu. (2) Füllt das Objekt bei viel Zoom nicht das Bildformat, stehen zur Abbildung dieses Objektes zu wenig Pixel zur Verfügung. Diese naturwissenschaftlichen und technischen Sachverhalte sorgen dafür, dass Mega-Zoom-Fotos unscharf und verrauscht sind. Aquarelleffekte machen sie unbrauchbar.
Mega-Zoom-CamerasDer auffälligste Trend bei Mega-Zoom-Cameras: Optischer Zoom bis zu 50 x, gleichzeitig Auflösung von 16 bis 18 MPixel, und das bei winzigen Bildsensoren! Bridge-Cameras haben die gleichen technischen Daten, wie Kompakte Cameras. Nur ihre Lichtstärke ist um den Faktor zwei besser. Das führt aber sofort dazu, dass das Gewicht um den Faktor 3 bis 4 ansteigt.
Markiert = Extremwerte
Grosse Sensorfläche - gute BildqualitätDie Grösse des Bildsensors und die Lichtstärke des Objektivs sind die entscheidenden Voraussetzungen für hohe Bildqualität.
Quelle: http://www.henner.info/2mp.htm
Beispiel-Fotos bei 14 x Zoom
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Fichtelberg im Erzgebirge, Entfernung ca. 40 km (!), ∞
Fotografiert von der Dittersdorfer Höhe: 50,45.7055N;
13,0.3938E (am 04.11.2012, 08:00:34)
ISO 400, vergrössert um den Faktor 2
originale Auflösung 18 MP, unbearbeitet, Bildausschnitt
Die typische Aquarelleffekte werden durch die Vergrösserung noch deutlicher.
Entfernung zu diesem Affen im Zoo ca. 12 m
Dieser Affe zeigt, dass man mit Zoom Max (trotz Rauschen und leichten Aquarelleffekten)
auch hervorragende Fotos machen kann,
wenn man im Nahbereich bleibt!
Originalbild: Doppelklick auf den Affen!
Mittagssonne, ISO 800 (!), originale Auflösung 18 MP, unbearbeitet, Bildausschnitt
Die Fotografie (und das Auge!) muss damit fertig werden, dass der Informationsgehalt eines Bildausschnitts in der Natur mit dem Quadrat der Entfernung zunimmt. Das folgende Bild veranschaulicht diesen naturgesetzlichen Sachverhalt:
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Kreis | Abstand |
Durchmesser |
Fläche |
Rot |
70 |
0,25 |
0,049 |
Blau |
250 |
1 |
0,785 |
Grün |
500 |
2 |
3,14159 |
Gelb |
1000 |
4 |
12,566 |
Dieses Bild veranschaulicht den Sachverhalt:
Die farbigen Kreise sind auf diesem Foto immer gleich gross. Mit der Vergrösserung des Abstands zur Camera nimmt der scheinbare Durchmesser dieser Kreise in der Natur aber linear zu. Die Fläche, die dabei bedeckt wird, vergrössert sich deshalb quadratisch mit der Entfernung. Das liegt an der Formel für die Kreisfläche: Radius hoch 2 mal Pi. Das bedeutet:
Je weiter weg, umso mehr Pixel werden gebraucht, um das Objekt mit allen Details auf einem Foto scharf abzubilden.
Anders ausgedrückt: Stehen für die Abbildung des Autoscheinwerfers (Rot) auf dem Bildsensor beispielsweise 100 LPI zur Verfügung, so müssen die gleichen 100 LPI auch die Details der Fassade des Roten Rathauses (Gelb) in einer Breite von vier Meter abbilden! ... Das kann natürlich nicht funktionieren!
Beim Fotografieren sind deshalb - unabhängig von der Art der Camera - immer zwei Phänomene zu berücksichtigen:
Diesen Sachverhalt demonstriert ein weiteres Testbild ...
Das menschliche Auge hat das gleiche Problem. Auch das Auge kann weit entfernte Details nicht mehr auflösen. Das Auge verfügt über eine Auflösung, die ca. 5 MPixel entspricht. Deswegen akzeptieren wir einen unscharfen Hintergrund, wenn Objekte im Vordergrund scharf und deutlich erkennbar sind.
Zu den genannten naturwissenschaftlichen Phänomenen (quadratische Zunahme der Bildinformation mit der Entfernung und Formatfüllung) kommen noch massive technische Unzulänglichkeiten:
Bei Kompakt- und Bridge-Cameras nimmt die Lichtstärke mit Zoom Max drastisch ab f = 8 (!). Weil zu wenig Licht den Bildsensor erreicht, wird der ISO-Wert hochgeschraubt. Die Fläche des Bildsensors ist viel zu klein: Bis zu 18 Mio. Pixel sind auf einer Fläche von nur 4,6 x 6,2 mm (= 1/2,3") untergebracht! Der Sensor ist nicht einmal so gross, wie der Fingernagel des kleinen Fingers!
Um unter diesen Umständen überhaupt noch ein Bild zu erzeugen, wird das Signal des Bildsensors digital bearbeitet. Bei dieser internen Bildbearbeitung wird versucht, aus dem Rauschen des Bildsensors die tatsächliche Bildinformation herauszufiltern. Rauschen und Artefakte sind auf diesen Prozess zurückzuführen. Unscharf und verwaschen sind die gezeigten Beispiel-Bilder trotzdem, weil bei Zoom Max viel zu wenig Bildinformationen pro Flächeneinheit vorhanden sind: Keine Formatfüllung oder zu viele Details. Keine Software kann fehlende Bildinformationen produzieren. Deswegen zieht sie zur Kompensation der fehlenden Informationen einzelne Pixel zu Flächen auseinander: Aquarelleffekt.
Unter diesen Voraussetzungen wird verständlich, dass Fotos kleiner Mega-Zoom-Cameras so aussehen müssen, wie oben gezeigt: Unscharf, verwaschen, verrauscht, einfarbige Flächen und sichtbare Artefakte.
ABER ist gibt auch eine positive Seite der hohen Auflösung: Die Umkehrung dieses Prinzips gilt auch: Je näher man an das Objekt herangeht, umso besser werden die Fotos. Deshalb machen Mega-Zoom-Cameras hervorragende, hoch aufgelöste Macro-Fotos! Einige Beispiel sind hier zu besichtigen ...
20-facher Zoom (Brennweite 500 mm) bei Kompakten oder Bridge Cameras ist Spielerei. 50-facher Zoom bei solchen Cameras, eine Brennweite von 1200 mm und dabei Lichtstärke zwischen f = 6 bis 8 ... Das ist kompletter, technischer Unsinn! Wenn dazu bei Zoom Max noch die fehlende Formatfüllung oder ein sehr detailliertes Objekt kommen, kann aus rein technisch-physikalischen Gründen kein ordentliches Foto entstehen!
Wer den Zoom seiner kompakten Camera trotz der genannten Probleme sinnvoll nutzen will,
sollte folgende Regeln beachten:
Beispiele für annehmbare Tele-Fotos mit einer Kompakt-Camera sind das Foto 'Unter den Linden' und der Affe.
Voraussetzungen für gute Tele-Fotos sind:
Wer hervorragende Tele-Fotos machen will,
braucht auch heute noch eine Spiegelreflexcamera mit Vollformatsensor
(24 × 36 mm) oder eine Spezialcamera und lichtstarke Objektive.
Bereits ein Objektiv mit der (Fest-) Brennweite 400 mm
kostet 10.000 Euro,
Länge: 343 mm, Gewicht: 3.850 g (Canon EF 400mm f2.8).
Extreme Tele-Fotos produzieren militärische und kommerzielle Fernerkundungs-Systeme. Dabei gibt die Fläche eines Pixels auf der Erdoberfläche die räumliche Auflösung an (zum Beispiel Landsat TM: 30x30 m). Flugzeuggetragene Systeme erreichen räumliche Auflösungen im Zentimeter bis Meterbereich. Satellitengestützt werden Pixelgrössen zwischen 1 m (hochauflösend) und 1 Km (grobskalig) erreicht. Mehr bei http://de.wikipedia.org ...
AVHRR steht für "Advanced Very High Resolution Radiometer" und ist ein multispektraler, satellitenbasierter Fernerkundungs- Sensor der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA). AVHRR/3 kann Messungen vom sichtbaren Spektralbereich bis in den thermalen Infrarot-Bereich (fernes Infrarot) durchführen. Die Auflösung beträgt bei allen Kanälen 1,1 Km. Allein die Dimensionen dieses Sensors - Maße: 29,2 cm x 36,6 cm x 79,8 cm, Gewicht: 32,7 kg - (natürlich ohne Optik!) lassen erkennen, welcher technische Aufwand für gute Satellitenfotos getrieben werden muss ...! Mehr bei http://de.wikipedia.org ...
Von der Industrie sind solche sachlichen Informationen wie hier beschrieben nicht zu erwarten. Auch Fachzeitschriften hüten sich, derartige Themen aufzugreifen (Eine E-Mail an CHIP blieb unbeantwortet). Solche kritischen Informationen sind geschäftsschädigend und die Anzeigenkunden müssen bei Laune gehalten werden.
Ausserdem interessieren sich die meisten Besitzer einer mehr oder weniger grossen Digitalcamera nicht für technische Details. Das war besonders gut bei der Eröffnungsfeier der Olympiade in London zu beobachten: Tausende Cameras blitzten am Abend von den Rängen! Die Leute wussten nicht, dass und wie man den Blitz ausschaltet!
Trotzdem gibt es ja "Enthusiasts" (ein Begriff aus dem Sprachrepertoire von www.dpreview.com), die sich intensiv mit Fragen der Digitalfotografie beschäftigen. Ich würde mich freuen, wenn mir solche Spezialisten Originalfotos mit Zoom-Max schicken würden. Mit Namen und Hausnummer werde ich sie hier veröffentlichen. DANKE!
Leider gibt es bis heute keine Reaktion von den Enthusiasts ... 17.08.2014
Hohe Bildqualität digitaler Kameras www.storyal.de ...
Testbericht Sony HX20V www.storyal.de ...
Alles über Camera-Sensoren www.henner.info/2mp.htm
Bestenliste Digitalcamera http://alatest.de ...
Bestenliste bei CHIP www.chip.de ...
Informationen über Objektive www.desgphoto.com ...
Jürgen
Albrecht, 27. August 2012
update:
17.08.2014