Musterbeispiel für das Versagen demokratischer Spielregeln
Sold gegen Ehre
Freispruch im Fall Wulff ... und das End der AffäreIm Prozess gegen den früheren Bundespräsidenten Wulff hat das Landgericht Hannover sein Urteil verkündet. "Der Angeklagte Wulff ist freigesprochen", sagte der Vorsitzende Richter Frank Rosenow. Zwei Jahre nach dem Rücktritt als Staatsoberhaupt wurde der 54-Jährige damit vom Vorwurf der Vorteilsannahme entlastet. Der langjährige CDU-Politiker stand zusammen mit Filmproduzent David Groenewold vor Gericht. Dieser hatte 2008 für Wulff rund 720 Euro Hotel- und Bewirtungskosten während eines Oktoberfestbesuchs in München übernommen. Wulff war damals Ministerpräsident von Niedersachsen. Zweieinhalb Monate später warb er bei Siemens-Chef Peter Löscher um Unterstützung für einen Film Groenewolds. Dem Filmfinancier wurde deswegen Vorteilsgewährung vorgeworfen. Das Gericht sah den Vorwurf der Vorteilsannahme nicht als erwiesen an. Mehr bei www.sueddeutsche.de ... und www.sueddeutsche.de ... Kommentar der THÜRINGISCHEn LANDESZEITUNG: "... die Staatsanwaltschaft Hannover schwere Schuld auf sich geladen. Denn von Anfang an gab es keine Beweise für Wulffs Bestechlichkeit. Selbst die Indizien für Vorteilsannahme waren juristisch schwach und kaum zu halten. Der Glaubwürdigkeit und Akzeptanz des Rechtsstaats hat sie damit schweren Schaden zugefügt. Doch allein mit einem Ermittlungsexzess lässt sich das Desaster der hannoverschen Staatsanwaltschaft nicht erklären. Es steht der Verdacht von politischer Justiz im Raum." Kommentar der FRANKFURTER RUNDSCHAU:
"Der unbescholtene Bürger Christian Wulff ist rehabilitiert – der gescheiterte Bundespräsident hingegen nicht. Es bleibt bei der schlechten Nachricht, die kein Freispruch jemals aus der Welt schaffen kann: dass es in Deutschland einen ehemaligen Bundespräsidenten gibt, der sein Ansehen im Amt, das tiefe Vertrauen, das er genoss, leichtfertig und unwiderruflich mit Halb- und Unwahrheiten verspielt hat." 28.02.2014 9:52Der Fall Wulff führt die Schwächen der Demokratie vorGerade habe ich mich über die Schwächen der Demokratie ausgelassen,
Aus diesen Fehlern wird niemand lernen und sie sind auch nicht zu vermeiden, denn sie sind systemimmanent. Alles geht mit der Wahl des nächsten Bundespräsidenten wieder von vorne los. Niemand stellt sich auch die naheliegende Frage, wozu die Bundesrepublik das Amt eines Bundespräsidenten braucht. Es bedarf einer handfesten Revolution (des Souveräns ...!), um dieses fest einbetonierte, aber überflüssige Amt abzuschaffen. Diese Revolution wird nicht stattfinden. 17.02.2012 23:48
Ein typischer Kommentar am Tag des RücktrittsDie dümmste politische Idee der vergangenen Jahre war es, Christian Wulff zum Bundespräsidenten zu machen. Union, FDP und Kanzlerin Angela Merkel haben diesen Kandidaten ausgesucht - sie sind nun für sein Scheitern mitverantwortlich. Es hätte bessere gegeben, alle wussten es. Aber Merkel, Guido Westerwelle und ihre Parteitaktiker hatten bei ihrer Personalauswahl alles mögliche im Sinn, nur nicht das Wohl des Landes. Wulff fühlt sich von den Medien verletzt. Aber er hat es selbst vermasselt. Es bleibt das Bild eines Gernegroß, der zu klein war für das Amt, dem letztlich seine Mittelmäßigkeit zum Verhängnis wurde. Es ist unerheblich, ob er "stets rechtlich korrekt" gehandelt hat, wie er selbst sagt. Sein Versagen liegt in der Art, wie er mit der endlosen Reihe an kleinen und großen Vorwürfen umgegangen ist. Als die ersten Anschuldigungen wegen seiner Beziehungen zu dem Unternehmerpaar Geerkens auftauchten, besaß er nicht den Mumm, den Privatkredit einzugestehen; er führte den Landtag mit den Methoden eines Winkeladvokaten in die Irre, versuchte, unliebsame Berichterstattung zu beeinflussen. Etliche Fragen blieben offen. So war es die ganze Zeit in dieser Affäre: Wulff taktierte, er gab nur zu, was sich nicht mehr verbergen ließ. Nach und nach wurde deutlich, dass Deutschland keinen Staatsmann als Präsidenten hat, sondern einen politischen Aufsteiger, der notorisch Privates und Dienstliches miteinander verquickte - und dies dann mit allerlei Tricksereien zu verschleiern suchte. Mehr bei www.spiegel.de ... 17.02.2012 22:26
Endlich und längst überfällig: RücktrittBundespräsident Christian Wulff hat seinen sofortigen Rücktritt als Staatsoberhaupt bekannt gegeben. Er zog damit die Konsequenz aus dem Antrag der Staatsanwaltschaft in Hannover zur Aufhebung seiner Immunität. Eine wochenlange Affäre war Wulffs Entscheidung vorausgegangen. Wulff erklärte, das Land brauche einen Präsidenten, der sich uneingeschränkt seinen Aufgaben widmen kann und der von einer breiten Mehrheit im Land getragen werde. Das dafür notwendige Vertrauen sei nun aber nicht mehr gegeben. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) teilte mit, der Antrag der Staatsanwaltschaft Hannover auf Aufhebung der Immunität von Bundespräsident Wulff ist beim Bundestag inzwischen eingegangen. Nachdem Wulff nun aber zurückgetreten ist, hat sich die Abstimmung im Bundestag darüber erledigt. Mehr bei www.tagesschau.de ... Kommentar von Al: Ein banales, politisches Schmierentheater, das so endet, wie es begonnen hat. Das Ansehen der Politik hat durch diese von Anfang an unwürdige Affäre gewaltigen Schaden genommen. 17.02.2012 11:44
Schlagzeilen17.02.2012 8:34
Die deutsche Staatanwaltschaft ist weisungsabhängigZitat: "Als Strafverfolgungsbehörde obliegt der Staatsanwaltschaft die Leitung des Ermittlungsverfahrens, die Erhebung und Vertretung der Anklage und die Strafvollstreckung. Im Unterschied zu den unabhängigen Gerichten ist die Staatsanwaltschaft weisungsabhängig, wenngleich es im Hinblick auf die Gesetzesgebundenheit Grenzen gibt. Weisungen können von der Behördenleitung, letztlich vom Justizministerium des jeweiligen Bundeslandes, gegeben werden, auch wenn dies in der Praxis äußerst selten vorkommt ..." Quelle: www.bpb.de ... Fragen von Al: Wie verträgt sich Weisungsabhängigkeit mit dem Prinzip der Gewaltenteilung? Ist das Usus in einem demokratisch verfassten Staat? Wurde der Staatsanwaltschaft Hannover im Fall Wulff, Osnabrück, Weisung erteilt, Ermittlungen aufzunehmen? Wäre die Staatsanwaltschaft Hannover ohne Weisung in diesem Fall überhaupt handlungsfähig gewesen? Der Casus perplexus, der noch mächtige Wellen schlagen wird, bei www.spiegel.de ... 16.02.2012 22:48
Wulffs ParallelweltDer Nachrichtendienst dapd meldet: „Bundespräsident Wulff darf Lügner genannt werden.“ Kommentar Al: Banales Polittheater, nur dokumentiert für die Annalen. 28.01.2012 20:34
Gewogen und zu leicht befundenKommentar Al, nachdem im Fernsehen ein Interview mit Bundespräsident Wulff ausgestrahlt wurde: Womit haben wir diesen provinziellen Bundespräsidenten verdient?! Er geruht ein peinliches Interview zu geben und beide öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten sind ihm zu Diensten. So fängt dieser "Befreiungsschlag" an. Am besten hat mir der folgende Satz gefallen, Zitat: "... ich möchte nicht Präsident in einem Land sein, wo sich jemand von Freunden kein Geld mehr leihen kann." Dieser Satz zeigt, dass Herrn Wulff jeder Bezug zur Realität längst abhandengekommen ist: Der arme Herr Wulff findet nichts dabei, von reichen Freunden Gefälligkeiten anzunehmen, weil er als Privatmann und Politiker nichts anderes kennt. In diesem Filz ist er aufgewachsen und den findet er völlig normal. (Ganz nebenbei: Es ist die typische Weltsicht eines im Westen aufgewachsenen Deutschen. Im Osten galten in den vergangenen 60 Jahren in einem völlig anderen Umfeld auch andere Werte!). Und Herr Wulff bemitleidet sich, fühlt sich von den Medien gejagt und ausgespäht. Auf der einen Seite gelobt er, in Zukunft die Pressefreiheit zu respektieren, gleichzeitig reklamiert er aber für sich die Menschenrechte (!) und eine Privatsphäre. Beides hat er natürlich, aber er hat nicht begriffen, was die Funktion des Bundespräsidenten ist. Das Volk sieht den Bundespräsidenten im Fernsehen, nicht Herrn Wulff aus Osnabrück. Der Bundespräsident ist qua Verfassung die moralische Instanz der Bundesrepublik, er verkörpert das Grundgesetz. Er soll durch Ermahnung, Wegweisung und durch Standpauken auffallen, nicht durch sein Privatleben, das ohne Skandale niemanden interessiert! Herr Wulff verspricht jetzt zu lernen, wie sich ein Bundespräsident zu benehmen hat. Das aber ist ja so schwer. Mitleid sollen wir mit ihm haben ...! Mit dieser Figur hat Deutschland den Repräsentanten, der wie die Faust aufs Auge zur gerade amtierenden Bundesregierung passt (Aussen-, Wirtschafts-, Entwicklungs- und Bildungsminister ...)! Diese bizarre Affäre zeigt, wie deutsche Politik funktioniert: Frau Merkel hat sich ihren Schützling zur Brust genommen: "Du machst im Fernsehen Asche-Asche! Rücktritt kommt nicht infrage, denn ich habe wirklich genug anderen Kram um die Ohren!" Und der Parteisoldat Wulff steht stramm und zeigt öffentlich Reue. Das geht gründlich schief, denn was er bereuen soll, ist in seinen Augen doch ganz normal! Herr Wulff hat durch seine läppischen Privataffären längst jede Glaubwürdigkeit verspielt. Alle sehen es, nur die Beteiligten nicht. Herr Wulff hat dem Amt und im Verein mit Frau Merkel der deutschen Politik schweren Schaden zugefügt. Und der Schaden wächst mit jedem Tag, den dieser Mann im Amt bleibt. 04.01.2012 22:01
Nachruf auf einen entbehrlichen BundespräsidentenDie öffentliche Kritik an Bundespräsident Wulff ist verheerend. Selbst im eigenen politischen Lager rumort es gewaltig. Die Rufe nach Aufklärung werden immer lauter. Doch das Staatsoberhaupt schweigt. Wulff steht seit Mitte Dezember wegen seiner Kredite für den Kauf eines Eigenheimes in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident in der Kritik. Eine neue Dimension erhielt der Fall, nachdem bekannt wurde, dass der Bundespräsident persönlich durch einen Anruf bei „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann versucht hat, die erste Veröffentlichung der Zeitung zu den Krediten am 13. Dezember zu verhindern. Bei Springer-Chef Mathias Döpfner intervenierte er nach Angaben des Verlages ebenfalls erfolglos. Auch an die Springer-Mehrheitsaktionärin Friede Springer soll sich Wulff gewandt haben, wie die Online-Ausgabe des Magazins „Cicero“ schrieb. Im Zusammenhang mit dem Mailbox-Anruf bei „Bild“-Chefredakteur Diekmann prüft die Berliner Staatsanwaltschaft eine Anzeige gegen Wulff wegen des Verdachts der Nötigung. Bei der Staatsanwaltschaft Hannover liegen mittlerweile mehr als 20 Anzeigen im Zusammenhang mit dem Privatkredit für Wulffs Haus vor. Einen Anfangsverdacht für eine Straftat gab es nach bisheriger Prüfung nicht. Strafanzeigen sind jederzeit möglich, jeder Bürger kann sie stellen. Mehr beiwww.focus.de ... Kommentar Al: Hat Deutschland wirklich keine anderen Probleme? Dieser läppische Fall wirft ein paar Fragen auf: Wozu braucht die Bundesrepublik einen Bundespräsidenten? Sie braucht ihn nicht, denn er hat kaum eine Funktion. Repräsentieren können alle Regierungsmitglieder und niemand wird den kleinsten Parlamentarier daran hindern, eine "Ruck-"Rede zu halten. Sogar die Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten ist verzichtbar, denn die Bundeskanzlerin lässt es sich nicht nehmen, auch so eine (überflüssige) Ansprache zu halten. Wozu brauchen wir Herrn Wulff? Was hat er bisher dem einzelnen Bürger, was "Dem Deutschen Volke" für einen Dienst erwiesen? Von Bundespräsident Wulff wird der Satz bleiben: "Der Islam gehört zu Deutschland." Eine Binsenwahrheit, die er allerdings zuerst ausgesprochen hat. Gleich danach aber wird man sich an ihn erinnern, wie an Heinrich Lübke: Hölzern, linkisch, bieder, naiv und vor allen Dingen: Überflüssig. Letzte Frage: Wann wird Herr Wulf selber erkennen, dass er für dieses "hohe" Amt zu klein ist? Wahrscheinlich wird er das nie begreifen. Denn schon zu dieser Einsicht gehören Stil und Charakter. Wulff aber ist nur Durchschnitt. Wulff ist farblos, ein Langweiler. Der kleine Gernegross mit den grossen, reichen Freunden. Der Mann von der Strasse aus Osnabrück, weit weg davon, eine Geistesgrösse zu sein. Ein Parteisoldat ohne eigene Meinung und Prinzipien, der sich hochgekungelt hat im Politfilz von Niedersachsen. Für Hannover scheint es gereicht zu haben, in Berlin aber werden die Strippen in ganz anderer Qualität gezogen. Hier ist Format gefragt und nicht Herr Wulff. Christliche Werte? Intellektueller Durchblick? Hochfliegende Ideale und Visionen? Charisma? Strategische Weitsicht? Alles Fehlanzeige. Wer hat je solche Qualitäten von diesem Bundespräsidenten erwartet? Sicher nicht einmal die Kanzlerin, die ihn in dieses Amt lanciert hat - Vielleicht gerade deshalb, weil er so blass ist?! Facit: Wulff wird zurück in die Provinz geschickt und das nutzlose Amt bleibt auf Dauer vakant. 03.01.2012 18:20
Ein politisches SchmierentheaterZweifel über die Frage, ob Wulff den Niedersächsischen Landtag getäuscht hat, als er trotz des Privatkredits bei Edith Geerkens eine geschäftliche Beziehung zu Egon Geerkens verneint hat, konnten gestern nicht ausgeräumt werden. Ebenso wenig, ob er mit der Annahme des zinsgünstigen Kredits gegen das Ministergesetz verstoßen hat. Eine gestern anberaumte Sitzung des Ältestenrats wurde in Hannover nach kurzer Zeit abgebrochen. Es entbehrt natürlich nicht einer gewissen Ironie, dass das Buch von Christian Wulff ausgerechnet den Titel "Besser die Wahrheit" trägt. Vor allem jetzt, da es neue Vorwürfe an den bereits mit seinem Privatkredit beschäftigten Bundespräsidenten gibt, die genau mit diesem Buch zusammenhängen - und die erneut infrage stellen, ob Wulff sich in der Vergangenheit immer an jene Wahrheit gehalten hat, mit der er in seinem Buch für sich wirbt. Wieder geht es darum, dass Wulff zu früheren Zeiten von der Großzügigkeit vermögender Freunde profitiert haben soll - im aktuellen Fall vom Unternehmer Carsten Maschmeyer. Mehr bei www.abendblatt.de ... und www.tagesspiegel.de ... Kommentar Al: Ein finanziell und intellektuell nicht sehr bemittelter Langweiler ist plötzlich und unerwartet Bundespräsident. Bundespräsident Wulff steht seit 14 Tagen unter Beschuss. Ein Mann aus "kleinen Verhältnissen" sonnt sich in der Gunst reicher Freunde, die ihn - natürlich ohne jeden Hintergedanken - einladen und ihm Gefälligkeiten erweisen. Wulff (CDU) ist so dumm, das zu glauben und er nimmt Einladungen und Vorteile an. Ein ganz normaler, einfältiger und verführbarer Mensch. Auf der anderen Seite die Meute der politischen Gegner, denen kein Argument zu schwach und zu läppisch ist, um der Gegenseite eine Niederlage beizubringen. Was hat beispielsweise die ähnlich minderbemittelte Andrea Nahles (SPD) in ihrem Leben vorzuweisen was ihr das Recht gibt, dem Bundespräsidenten den Rücktritt nahezulegen? Sie wird nicht von Moral angetrieben, sondern von Parteilichkeit, die weder Moral noch Wahrheit kennt. Den Medien kann man auch nichts glauben, denn ihnen geht es nur um Schlagzeilen und Quote. Dafür machen sie sich zum Büttel jedes beliebigen Aufregers. Das Stück mit dem Namen "Wulff im Schafspelz", das gegenwärtig aufgeführt wird und Banalitäten in die Öffentlichkeit zerrt, bewirkt bei den Zuschauern, die hinter die Kulissen blicken, nur eine Reaktion: Verachtung. Verachtung für die, die angeblich angetreten sind, um dem "Wohl des Volkes" zu dienen. Hinter grossen Worten agieren armselige, gierige Kleingeister. Widerlich. Und diese angeblichen Volksvertreter wollen/sollen/müssen die globalen Krisen der Gegenwart bewältigen!? 21.12.2011 7:19
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Jürgen
Albrecht, 17. Februar 2012
update:
28.02.2014