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Ein Brief und zwei Fragen
Vor der Bundestagswahl am 22. September 2013 schreibe ich knapp 30 Bundestagsabgeordneten eine höfliche Mail mit den beiden Fragen, die mich am meisten beunruhigen, wenn ich an Deutschlands Zukunft und die meiner Kinder und Enkel denke.
Die Abgeordneten erhalten am 16.09.2013 eine Mail aus der sie erkennen können, dass ich ihren Konkurrenten die gleichen Fragen stelle. Hier einer dieser Briefe:
Tilgung der Staatsschulden
Von:
hello.al@web.de
An:
peer.steinbrueck@bundestag.de, angela.merkel@bundestag.de, stefan.liebich@bundestag.de, omid.nouripour@bundestag.de, guido.westerwelle@bundestag.de
Datum:
16.09.2013 21:33:50
Sehr geehrte Bundestagsabgeordnete!
Nach meiner Meinung ist die Staatsverschuldung das für Deutschlands Zukunft gefährlichste Problem. Heute betragen Deutschlands Schulden mindestens 2.078 Milliarden Euro (s. Schuldenuhr des BdSt).
Für mich ist folgende Frage wahlentscheidend:
Wie und in welchem Zeitraum gedenken Sie mit Ihrer Partei diese Schulden zu tilgen?
Danke für Ihre Antwort!
Beste Grüsse und viel Erfolg dabei
wünscht Ihnen
Dr. Jürgen Albrecht
Leipziger Strasse 47
10117 Berlin
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Jürgen Albrecht
www.storyal.de
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Schuldenuhr des BdSt |
Die Übersicht
Name, Adresse |
Antwort
Datum
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Inhalt, Zitat |
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dietmar.bartsch@bundestag.de Linke |
NO |
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otto.fricke@bundestag.de FDP |
NO |
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sigmar.gabriel@bundestag.de SPD |
NO |
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monika.gruetters@bundestag.de CDU |
18.09.13 |
Erstes Ziel der Bundesregierung im Hinblick auf die Schuldentilgung ist es, die Staatsverschuldung auf 60 Prozent des Bruttoinlandproduktes zurückzuführen. Der Einstieg in die Tilgung soll dabei spätestens 2015 gelingen, und bis 2017 sollen dann immerhin Schulden in Höhe von 15 Milliarden getilgt sein. )*
Natürlich ist das im Vergleich zur Gesamtschuldenhöhe ein kleiner Betrag, würde aber bei einer konstanten Fortschreibung des Bundeshaushalts immerhin 5 Prozent des jährlichen Haushaltsvolumens ausmachen. |
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eva.hoegl@bundestag.de SPD |
NO |
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katja.kipping@bundestag.de Linke |
NO |
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fritz.kuhn@bundestag.de Grüne |
NO |
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Adresse existiert nicht |
philipp.missfelder@bundestag.de CDU |
NO |
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kerstin.mueller@bundestag.de Grüne |
NO |
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sabine.leutheusser-
schnarrenberger@bundestag.de FDP |
17.09.13 |
Das führt dazu, dass die nominelle Gesamtverschuldung gestiegen ist. Die FDP hält dies für eine gravierende Gefahr für die Wirtschaft und den Wohlstand der Bürgerinnen und Bürger. Deswegen muss die Staatsverschuldung nach unserer Auffassung entschieden zurückgefahren werden.
Tatsächlich ist die Bundesregierung in diesem Punkt bereits auf einem guten Weg: Im kommenden Jahr steht der strukturell ausgeglichene Bundeshaushalt auf dem Plan. Und um auf Ihre konkrete Frage zu antworten: Ab 2016 wollen wir aktiv Schulden abzahlen. |
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stefan.liebich@bundestag.de Linke |
NO |
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christian.lindner@bundestag.de FDP |
NO |
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Adresse existiert nicht |
Bernd Lucke donotreply@alternativefuer.de AfD |
20.09.13 |
Auf Ihre Frage nach einem genauen Zeitraum für die Tilgung der Schulden
kann ich Ihnen leider keine konkrete Antwort geben.
Sie können aber versichert sein, dass es zu unseren erklärten Hauptzielen gehört, die weitere Verschuldung unseres Staates zu Lasten der kommenden Generationen zu reduzieren.
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Adresse existiert nicht |
angela.merkel@bundestag.de CDU |
NO |
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andrea.nahles@bundestag.de SPD |
NO |
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omid.nouripour@bundestag.de Grüne |
NO |
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petra.pau@bundestag.de Linke |
NO |
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cornelia.pieper@bundestag.de FDP |
NO |
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claudia.roth@bundestag.de Grüne |
17.09.13 |
Auch wir halten eine Begrenzung der Schulden für den richtigen Weg, die
Staatsfinanzen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Ausgaben und
Einnahmen des Staates müssen auf Dauer ausgeglichen sein, um politisch
handlungsfähig zu bleiben. Nur ein finanziell handlungsfähiger Staat
kann die notwendigen Zukunftsinvestitionen stemmen. |
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wolfgang.schaeuble@bundestag.de CDU |
17.09.13 |
Mit der Fortsetzung dieses Erfolgskurses und weiter steigenden Steuereinnahmen können in der kommenden Wahlperiode Schulden zurückgeführt und gleichzeitig vor allem die Familienförderung und wichtige Zukunftsinvestitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur verstärken werden. (Kompletter Text s.u.) |
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Seehofer landesleitung@csu-bayern.de CSU |
NO |
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Adresse existiert nicht |
edda.probst@soeder.de CSU |
NO |
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hermann.solms@bundestag.de FDP |
NO |
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peer.steinbrueck@bundestag.de SPD |
18.09.13 |
Wir investieren in Deutschlands Zukunft. Ohne neue Schulden. Und wir schaffen wieder ein soziales Gleichgewicht bei den Beiträgen für die gesellschaftlichen Aufgaben. Denn während die Mittelschicht schrumpft, sind die Reichen immer reicher geworden.
Außerdem werden wir Subventionen abbauen und Steuerbetrug bekämpfen.
Im Ergebnis können wir bis zu 27 Milliarden Euro in Deutschlands Zukunft investieren und die Schuldenbremse ernst nehmen. |
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frank-walter.steinmeier@bundestag.de SPD |
20.09.13 |
Gerade die Finanzkrise der letzten Jahre hat doch gelehrt, dass wir runter müssen von der Neuverschuldung, und uns auch endlich dem Problem der Altschulden widmen müssen, wollen wir uns aus der Abhängigkeit von den Finanzmärkten befreien.
Die SPD hat in ihrem Wahlprogramm deshalb zwei klare Prioritäten formuliert: Staatsverschuldung runter ... |
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hans-christian.stroebele@bundestag.de Grüne |
17.09.13 |
Sie haben Recht. Die Schulden und der Schuldendienst sind viel zu hoch.
Deshalb schlagen die Grünen die Einführung einer Vermögensabgabe vor, deren Erlös überwiegend in die Schuldentilgung fließen soll, um die Verbindlichkeiten endlich abzubauen.
Leider sind wir im Wahlkampf dafür viel gescholten worden.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele |
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ursula.vonderleyen@bundestag.de CDU |
18.09.13 |
Gerne können Sie die Argumente zur Staatsverschuldung im Regierungsprogramm der CDU-CSU auf der Seite 5 nachlesen.
(Dort steh kein Wort von Tilgung ...)
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guido.westerwelle@bundestag.de FDP |
NO |
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)* Kleine Rechnung
Von 2015 bis 2017, in drei Jahren 15 Milliarden Euro tilgen.
Ziel: Staatsverschuldung auf 60 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) zurückzuführen.
BIP
im Jahr 2012 = 2.645 Milliarden Euro, davon 60 % = 1.587 Milliarden Euro
Staatsschulden gegenwärtig: 2.078 Milliarden Euro, Differenz zu 1.587 = 491 Milliarden Euro
Mit folgenden Daten in den Tilgungsrechner:
Tilgungssumme: 491 Milliarden, Tilgung pro Jahr: 5 Milliarden, Zinssatz: 1,51 % (Minimum!)
Wie lange dauert die Tilgung?
Kein Tilgungsrechner funktioniert mit so einer niedrigen Rate ...!
Minimale Rate: 12,3 Milliarden Euro pro Jahr.
Dauer der Tilgung bei dieser minimalen Rate: 61 Jahre 2 Monate |
Die sehr informative Antwort des Bundesfinanzministers
AW: Tilgung der Staatsschulden
Von:
"Martin Wohlrabe - Büro Dr. Wolfgang Schäuble MdB" <wolfgang.schaeuble.ma03@bundestag.de>
An:
"hello.al@web.de" <hello.al@web.de>
Datum:
17.09.2013 16:27:17
Sehr geehrter Herr Dr. Albrecht,
vielen Dank für Ihre Anfrage an Bundesminister Dr. Schäuble vom 16. September 2013. Er bittet mich, Ihnen zu antworten.
Sparsame Haushaltspolitik ist die Grundlage für stabile wirtschaftliche Verhältnisse und nachhaltiges Wachstum. Deswegen hat die CDU/CSU-Fraktion die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert und ihre Regeln von Anfang an eingehalten. Die CDU/CSU-Fraktion wird 2014 im Bundeshaushalt weniger Geld
ausgeben als 2010. Gleichzeitig hat sie durch erfolgreiche Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik die Einnahmen auf allen Ebenen des Staates gesteigert, sodass
sie die Neuverschuldung konsequent abbauen konnten. Durch Umschichtungen im Bundeshaushalt wurden Spielräume für neue Schwerpunkte geschaffen.
So
konnte diese Bundesregierung beispielsweise mehr für Bildung und Forschung ausgeben als jede andere Bundesregierung zuvor, den Kita-Ausbau voranbringen und die Kommunen nachhaltig entlasten. Das zeigt: Sparen und Investieren sind kein Widerspruch, sondern zwei Seiten derselben Medaille. So schafft die Politik Vertrauen und ermutigt Unternehmer, in die Zukunft ihrer Betriebe zu investieren.
Auch dadurch hat die Wirtschaftskraft Deutschlands seit 2009 um mehr als acht Prozent zugenommen. Diesen Kurs der Konsolidierung für Stabilität und Wachstum wird die CDU/CSU-Fraktion deshalb auch künftig entschlossen fortsetzen. Mit soliden Finanzen werden die Voraussetzung für eine stabile Währung, Wachstum und sichere Arbeitsplätze geschaffen. Durch eine erfolgreiche Finanzpolitik ist ein nachhaltig ausgeglichener Haushalt in greifbarer Nähe. Mit der Fortsetzung dieses Erfolgskurses und weiter steigenden Steuereinnahmen können in der kommenden Wahlperiode Schulden zurückgeführt und gleichzeitig vor allem die Familienförderung und wichtige Zukunftsinvestitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur verstärken werden.
Sollten Sie weitere Fragen haben, so gestatten Sie mir, dass ich Sie Ihnen auch noch das Wahlprogramm der CDU/CSU-Fraktion empfehlen darf:
http://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/regierungsprogramm-2013-2017-langfassung-20130911.pdf
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen persönlich alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Wohlrabe
Bundestagsbüro Dr. Wolfgang Schäuble
Mitglied des Deutschen Bundestages
Bundesminister der Finanzen
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel.: 030 - 227 50356
Fax: 030 - 227 76744
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Schwache Leistung
Nur jeder dritte Abgeordnete lässt auf so eine Mail antworten. Erstaunlich, denn jeder Bundestagsabgeordnete besitzt genau für diesen Zweck einen Stab von Mitarbeitern. 15.798,00 Euro (Arbeitnehmerbrutto) stehen ihm dafür monatlich (!) aus der Staatskasse zur Verfügung. Die Qualität der Antworten ist erschreckend. Es sind Textbausteine, weitestgehend ohne Bezug zu meinen Fragen. Thema verfehlt und Bla Bla, wobei ausgerechnet der Referent des Bundesfinanzministers, Herr Martin Wohlrabe, den besten Beitrag liefert!
Nur Frau Grütters antwortet persönlich und sie geht als Einzige auch tatsächlich konkret auf das Thema ein. Auch Herr Ströbele antwortet persönlich. Allen Politikern ist die Brisanz der Staatsverschuldung bewusst. Aber weil sie sich vor den Konsequenzen fürchten, verdrängen sie nach Möglichkeit dieses fundamentale Problem.
Facit
Keiner der Bundestagsabgeordneten beantwortet meine Fragen. Das ist nicht verwunderlich, denn Staatsschulden in dieser Grössenordnung können nicht mehr getilgt werden: siehe oben, Kleine Rechnung )*
Deutschlands Staatsschulden können nur noch durch eine Abwertung, einen Schuldenschnitt, also eine (globale!) Währungsreform, substantiell verringert werden. Das ist der Horror für alle Politiker und deswegen sind die Themen Finanzkrise, Bankenregulierung, Eurorettung und Schuldentilgung tabu. Nicht nur im Wahlkampf, nicht nur in Deutschland, sondern auch global.
Strategisch wählen -> Die SPD ist das kleinste Übel
Hier wurde der Versuch unternommen, aktiv an der Tagespolitik teilzunehmen. Das Ergebnis ist ernüchternd und die Wurzeln der Politikverdrossenheit werden sichtbar: Unverbindliches Gerede (wenn überhaupt), am Thema vorbei. Keine Sachkompetenz und kein Mut, existentielle Probleme anzupacken, die Deutschlands Zukunft gefährden.
Die Regierungsjahre von Bundeskanzlerin Merkel sind das beste Beispiel: Zitat Steinbrück:
"Deutschland wird verwaltet, aber nicht gestaltet." Hier hat er Recht.
Wer Frau Merkel abwählen will, hat dieses Mal keine andere Alternative: Er muss strategisch und SPD wählen. Die Grünen haben eine Koalition mit den Schwarzen nicht ausgeschlossen. Die SPD will mit den Linken nicht koalieren. Ein weitreichender, tragischer Fehler. Aber deshalb ist eine Stimme für Die Linke genauso verloren, wie die für eine der vielen Splitterparteien incl. Piraten und AfD.
Trotzdem: WÄHLEN GEHEN !! Wer nicht wählen geht, überlässt allen anderen das Spielfeld.
Ausserdem haben wir in der DDR 40 Jahre auf "Freie Wahlen" gewartet ...
Und uns etwas völlig anderes darunter vorgestellt!
Links zum Thema
Schuldenkrise = Finanzkrise 2.0 www.storyal.de ...
Bilanz der Regierung Merkel - 2009/2013 www.storyal.de ...
Die Grenzen der Demokratie www.storyal.de ...
Ist die Tilgung der deutschen Staatsschulden möglich? www.heise.de ...
Ist eine Tilgung der deutschen Staatsschulden möglich? - ifo-Institut www.cesifo-group.de ...
Staatsverschuldung, weltweiter Länderüberblick www.laenderdaten.de ...
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