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Subjektiv, persönlich, parteiisch

 

 


Interessanter Disput

Beim Surfen bin ich auf eine ungewöhnliche WebSite mit dem Namen Mein Parteibuch © gestossen. Erst dachte ich, es handelt sich um Satire*). Aber Marcel Bartels, SPD, meint es offensichtlich ernst mit seinem Motto 'Subjektiv, persönlich, parteiisch'. Der Mann ist beweglich und will etwas bewegen. Die Konzeption dieser Site und die Navigation sind neu und interessant. Ein Wiki: Die Indexseite ist eigentlich nur eine übersichtlich gestaltete Linkseite. Politische Programme oder grundsätzliche Texte gibt es nicht. Marcel Bartels gibt ein mehr oder weniger kurzes Statement vor, die vorbeikommenden Surfer sagen dazu ihre Meinung. Eine grosse Community chattet via E-Mail. Alle reden über alles. Vielleicht sieht so die Politik von morgen aus?

*) Die Diskussion ergab: Es ist in etwa so gemeint: Satire/Provokation -
Dieses Web ist wirklich im übelsten Sinne des Wortes parteiisch und erschreckend kleinkariert.

Der Begriff 'parteiisch' an so zentraler Stelle betont, kombiniert mit einem roten Parteibuch - das lässt bei jedem Ex-DDR-Bürger sofort die Alarmglocken schrillen. Jedenfalls bei mir und den 2,3 Millionen ehemaligen SED-Mitgliedern (von 16,6 Millionen DDR-Bürgern). Ich schrieb Marcel, dass der 'parteiliche Klassenstandpunkt' das wichtigste Beurteilungskriterium in der DDR war. Nie würde ich meine Handlungen und Überzeugungen am Programm einer Partei ausrichten. Es entwickelte sich ein Disput über das Motto seiner WebSite. Hier ist der Dialog im Original nachzulesen ...

Einige Auszüge, stark gekürzt:

 

Parteilichkeit, Broder, Professionalität
Al am 27. November 2005 um 18:35h

  1. Selbstverständlich braucht man nicht über die Meinungsfreiheit in der DDR zu streiten – Es gab sie nicht.
  2. Einen Unterschied zwischen parteiisch und parteilich zu konstruieren, ist sehr gewagt. Es gibt ihn aus meiner Sicht nicht. Das Hauptwort ist das gleiche: Parteilichkeit. Sieht Dir mal die Synonyme von parteilich und parteiisch an … das willst Du sicher alles nicht darunter verstehen !!
  3. Eine Partei braucht so etwas wie Parteidisziplin, Fraktionszwang und
    Parteilichkeit, sonst funktioniert sie nicht. Das muss sein, aber so richtig stolz ist darauf niemand. Denn man muss abwägen, ob man für 'höhere Ziele’ bereit ist, Einschränkungen seiner persönlichen Freiheit hinzunehmen.
  4. Ich bin beispielsweise dazu nicht bereit, weil ich nicht mehr an die 'höheren Ziele’ der Parteien und ihrer Führer glaube. Die deutsche Geschichte (nur die der letzten 100 Jahre) zeigt bilderbuchmässig, wohin die Reise geht, wenn man seinem Kaiser, dem Führer oder dem Generalsekretär blind und parteilich folgt: In Kriege und geradewegs in zwei Diktaturen.
  5. Die schwächere Variante von Parteisoldat ist Sympathisant. Ich war heilfroh, dass ich niemandem das Verhalten von Schröder nach der Wahl und den Abschuss Münteferings erklären musste. Das genau fordert aber die Parteidisziplin von Dir!
  6. Broder und v. Schnitzler sind und waren auf ihre Weise parteilich/parteiisch, allerdings für völlig gegensätzliche Ideologien. Aber auch an ihnen sieht man, wohin Parteilichkeit führen kann.
  7. Ich würde weder über meine WebSite Parteibuch schreiben, noch könnte ich stolz darauf sein, parteiisch/parteilich zu sein (siehe Wörterbuch). Nach Deinen eigenen Worten denke ich auch, Du meinst etwas völlig anderes: Solidarisch, zielstrebig, wertorientiert, eigenständig, gerecht, ehrlich, direkt usw.
  8. Auch zwischen subjektiv und persönlich ist kein grosser Unterschied. Ich habe noch mal bei Dir nachgelesen … das gehört eigentlich alles in einen Topf.
  9. Mir würde viel besser gefallen, wenn Du beispielsweise oben drüber schreiben würdest. Subjektiv (anders geht es ja gar nicht), professionell (mit dem Hinweis auf Deine Professionalität/Qualifizierung/Sachgebiet …) und klug (Das Gegenteil von karrieristisch, macht- und profilierungssüchtig: vernünftig, intelligent, überlegt, klardenkend, scharfsinnig, besonnen, zurechnungsfähig, umsichtig …).
  10. So wünschte ich mir Deutschlands Politiker: Durchaus subjektiv, aber in erster Linie professionell und mit Sachverstand, klug agierend im Interesse unseres schönen Landes. Leider sieht die Realität anders aus. Das hatte Brecht schon vor 50 Jahren erkannt: '… denn die Verhältnisse, sie sind nicht so.’

 

Parteilichkeit, Mission Statement
Marcel am 27. November 2005 um 20:32h

  1. Es gibt schon einen feinen Unterschied zwischen parteiisch und parteilich, wobei ich den Unterschied zwischen “parteilich” als “von der Partei herausgegeben” und “parteiisch” als “die Partei bevorzugend” sehe. “Mein Parteibuch” ist also nicht parteilich, weil ich nicht den Anspruch und die Zielsetzung habe, die Meinung der Partei wiederzugeben. Trotzdem bevorzuge ich natürlich meine Partei und bin deshalb parteiisch. Viele Wörterbücher stellen diesen Unterschied allerdings nur sehr unzureichend dargestellt. Wäre 'Mein Parteibuch' parteilich, so hätte sich die Freiheit meiner Meinung damit praktisch erledigt.
  2. ...
  3. Ich sehe die Merkmale einer Diktatur eher relativ. .. Nur weil bei uns der subjektive Eindruck vorliegt, dass wir heute in einer freien und demokratischen Gesellschaft leben, muß das ja nun nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen. Dieser subjektive Eindruck war sicher auch bei vielen Menschen vorherrschend, die in den Diktaturen gelebt haben. Und heute blicken wir auf sie zurück, und fragen uns, wie es kommt, dass die Menschen so leben konnten. Wer gibt uns die Gewißheit, dass in zwei bis drei Generationen die Menschen auf unsere Zeit nicht einmal ganz ähnlich zurückblicken werden? Ich bemerke im Gegenteil in meiner unmittelbaren Umgebung sehr viele Merkmale einer unfreien und wenig demokratischen Gesellschaft: Angst vor der Wahrheit, grassierende Korruption, politische Seilschaften, Meinungsmanipulation in den Massenmedien, ungerechte Justiz und die Kriminalisierung großer Teile der Bevölkerung.
  4. ...
  5. Zwischen Broder und Schnitzler sehe ich keinen wesentlichen Unterschied.
  6. ...
  7. Über mein Mission Statement habe ich tatsächlich nicht lange nachgedacht, sondern es gleich zu Beginn ziemlich schnell runtergeschrieben. Insofern bitte ich um etwas Nachsicht. Subjektiv sehe ich dabei vor allem auch als Gegensatz zur journalistischen Pseudo-Objektivität, wo Zitate gesucht werden, um den subjektiven Standpunkt zu Objektivität zu verhelfen. Persönlich bedeutet dann eben auch, dass ich (auch) über meinen kleinen Mikrokosmos schreibe, obwohl ich das in letzter Zeit etwas vernachlässigt habe. Es wird vielleicht Zeit, dass ich mein Mission Statement mal ergänze und präzisiere. ...
  8. ...
  9. Wer als Politiker irgendein anderes Interesse am Land hat, als es auszuplündern um selbst Karriere zu machen, gilt, glaube ich, unter vielen Kollegen als dumm. Die Welt verbessern zu wollen, ist hinderlich für die Karriere eines Politikers.

 

Parteilichkeit, Diktatur, Politiker
Al am 27. November 2005 um 22:13h

  1. Die semantische Belegung von parteilich und parteiisch ist eindeutig: einseitig, tendenziös, nicht unparteiisch, befangen, schief, unsachlich, ungerecht … Wir müssen uns schon an das halten, was in den Synonymen-Wörterbüchern steht. Sonst kann man nicht mehr miteinander reden. In der deutschen Sprache sind Parteilichkeit und die Freiheit Deiner Meinung unvereinbar.
  1. Natürlich liegen Kaiserreiche und Diktaturen nicht weit auseinander. Aber zwischen der (zugegeben unvollkommenen) Staatsform Demokratie und einer Diktatur liegen himmelweite Unterschiede. Angst vor der Wahrheit, Korruption, Meinungsmache … das sind Lappalien im Vergleich zu dem, was eine Diktatur mit ihren Bürgern macht. Kein Vergleich - siehe DDR! ... Aber noch leben wir in Germany in einem Schlaraffenland hinsichtlich der bürgerlichen Freiheiten.
  1. Über ein Mission Statement sollte man sehr lange nachdenken. Es ist ja schliesslich so etwas wie das Handlungs- oder sogar Lebensmotto. ... Diese drei Worte liest jeder und sie müssen das aussagen, was die Grundlage Deines Handelns ist. ... Auch die Begriffe subjektiv und objektiv sind eineindeutig belegt: Der Mensch ist prinzipiell nicht in der Lage, objektive Urteile/Aussagen abzugeben/zu treffen! Egal was er sagt oder schreibt, es ist immer subjektiv. Deswegen ist Dein 'subjektiv' im Statement auch redundant.
  1. Mir ist völlig unverständlich, wie man mit so einer Meinung über die Politiker Mitglied einer politischen Partei werden kann?? Denkst Du denn, bei den SPD-Mitgliedern handelt es sich um Menschen/Politiker von einem anderen Stern?! Und wenn man in eine Partei eintritt, dann will man doch etwas bewegen. Im besten Fall rüttelst Du doch am Gitter des Kanzleramts und willst dort rein! Da kannst Du doch nicht gleichzeitig sagen, die Politiker haben nur ein Interesse, das Land auszuplündern!?
    Vielleicht weißt Du gar nicht so richtig, auf was Du Dich mit dem roten Parteibuch eigentlich eingelassen hast??

 

Wörterbuch, Freiheit, Politiker
Marcel am 28. November 2005 um 12:03h

  1. Auch Büchern sollte man nicht blind vertrauen, denn es mag in unterschiedlichen Büchern auch unterschiedliches Gedrucktes stehen. Ich weiß nicht, in welches Wörterbuch Du geschaut hast. Im etymologischen Wörterbuch des Duden Verlages (etwas ältere Ausgabe) finde ich:
    parteiisch - voreingenommen, befangen, nicht objektiv (15. Jh.)
    parteilich - eine Partei betreffend (16. Jh.) ...
  1. Ich sehe das auch so, dass demokratische Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte und Meinungsfreiheit wichtige Parameter sind, um zu kennzeichnen, inwieweit ein Staat eher humanistisch oder eher totalitär ist. Selbstverständlich haben wir Fortschritte gemacht auf dem Weg weg von einer totalitären Gesellschaft hin zu einer freieren, humanistischen Gesellschaft. ... Ich halte die allumspannende Korruption, den gezielten Rechtsmißbrauch zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit wie dies beispielsweise im Fall Michal Plümpe sehr deutlich wurde, und die Meinungsmache in den Massenmedien beispielsweise nicht für Lapalien, sondern für ein Zeichen einer totalitären Gesellschaft. ...
  1. ... Natürlich sind die drei Worte im Mission-Statement auch eine Provokation gegenüber den Mainstream-Medien. Obwohl eigentlich alle Medien in Deutschland die Merkmale 'subjektiv, persönlich und parteiisch' erfüllen, so wird eine Diskussion darüber dadurch ausgeblendet, dass sie das Gegenteil suggerieren. Man denke nur mal an Franziska Augstein’s jüngste Spiegel Kritik, und stelle sich dann vor dem Hintergruznd einmal die Fragen, wie subjektiv, persönlich und parteiisch der Spiegel ist. Gerade weil aber Mainstream-Medien Objektivität suggerieren, halte ich “subjektiv” nicht für redundant.
  1. Ich bin gar nicht mit der Meinung, die ich jetzt von der Politik habe, Mitglied einer politischen Partei geworden. Ich bin in die Partei eingetreten, weil ich angesichts der dramatischen Lage in Deutschland meinen Teil dazu beitragen wollte, dass etwas daran verbessert wird. Ich möchte eben nicht alle Verantwortung auf die Politiker, die Politik oder die Umstände schieben, sondern selbst meinen Beitrag dazu leisten, dass etwas besser wird. Meine Meinung von Politikern hat sich allerdings im Laufe der ersten sechs Monate meiner Parteimitgliedschaft geändert. Vor sechs Monaten bin ich noch davon ausgegangen, dass Politiker sowohl ihre eigene Karriere als auch das Wohl des Landes im Auge haben. Heute denke ich, dass sich den Luxus, das Wohl des Landes im Auge zu behalten, eigentlich kein Politiker leisten kann, wenn er nciht seine Karriere riskieren will.
    Als ich vor sechs Monaten angefangen habe, genauer hinzuschauen, bin ich davon ausgegangen, dass wir in Deutschland vor allem einige grundlegende Probleme wegen der vom Wähler herbeigeführten Blockade zwischen Bundesregierung und Bundesrat haben. Nachdem ich mich nun sechs Monate mit Politik beschäftigt habe, sehe ich die Defizite vor allem in allumfassender Korruption, Gesinnungsjournalismus, fehlender Funktionsfähigkeit des Rechtswesens, instrumentalisierter Bürokratie und der Monopolisierung von Märkten.

    Wohin nun meine parteiische Reise geht, ist mir selbst nicht klar. Das liegt wohl daran, dass ich meine berufliche Zukunft nicht absehen und eigentlich keine Perspektive erkennen kann. Solange ich nichts besseres mit mir anzufangen weiß, schreibe ich eben hier.

 

Wörterbuch, Freiheit, die Welt verändern
Al am 28. November 2005 um 17:30h

  1. Einverstanden, warum sollte man Büchern vertrauen? Natürlich sind auch sie mehr oder weniger subjektiv. Aber Wörterbücher sind ein Sonderfall. ... Ich verwende Wortschatz vom Sybex-Verlag (eine Software auf meinem Rechner) oder das hervorragende WebLexikon. Ich zitiere das WebLexikon:
    Parteilich: beeinflußt, parteigebunden, subjektiv, voreingenommen
    Parteiisch: befangen, eingleisig, einseitig, gefärbt, parteigebunden, parteilich, subjektiv, tendenziös, unsachlich, voreingenommen, vorurteilsvoll
    Grundform: parteilich und Parteilichkeit: Befangenheit, Einseitigkeit, Voreingenommenheit ist Synonym von: Ethos, Gesinnung, Haltung, Intoleranz, Sinnesart, Subjektivität, Unduldsamkeit, Verblendung, Vorurteil
    Müssen/sollen wir noch mehr über diese Begriffe diskutieren? Ich bin sicher, das alles willst Du damit genau NICHT Deinen Lesern sagen!
  1. Hier haben wir keine prinzipielle Differenz. Ich habe die DDR mitgemacht und kann es keinem klar machen, wie gross der Unterschied zu den jetzigen Verhältnissen ist! Aber Du hast recht, wenn Dir das alles noch nicht genügt. Natürlich sind die angesprochenen Dinge (Korruption, Meinungsmache …), wenn man die DDR aussen vorlässt, keine Lappalien! Ich habe Bedenken in genau der entgegengesetzten Richtung: Ich hoffe, es bleibt so, wie es jetzt ist. Ich nehme aber an, die Pervertierung des Rechts und die Korruption in allen Varianten wird zunehmen und die Freiheitsrechte werden per Erlass schleichend oder ganz legal (z.B mit dem Hinweis. auf den Terrorismus) eingeschränkt. Irgendwann kippt dann das Ganze und wir haben amerikanische Verhältnisse: Die Diktatur des Kapitals.
  1. Subjektiv ist insofern nicht redundant, weil der Allgemeinheit der Sachverhalt der totalen Subjektivität aller menschlichen Äusserungen nicht bewusst ist.
    In dem Moment, wo Du Dein Mission Statement als Provokation verstehst, erübrigt sich jede Diskussion über den Inhalt. Dann geht es um Provokation und um nichts anderes.
  1. Dieser Punkt ist hoch interessant, denn er beschreibt viel besser als Dein Mission Statement, was Du eigentlich willst. ... Gebt mir einen festen Punkt und ich werde die Welt aus den Angeln heben. Leider gibt es so einen festen Punkt nicht. Aber wer etwas in diesem Lande bewegen will, muss bei einer Partei oder Organisation mitmachen oder selber eine gründen. ... Ich habe knapp 40 Jahre auch in diesem Sinne geackert. Aber in den letzten 10 Jahren bin ich zu der Überzeugung gekommen, das ist Illusion. Jedes stabile System ist nur in engen Grenzen in der Lage, sich selbst von innen heraus zu reformieren. Ich gehe sogar noch weiter: Auch diese ganze Zivilisation ist nicht reformierbar, weil die systemimmanenten Widersprüche nicht zu beseitigen sind. Deshalb wird diese Kultur untergehen. Traurig aber wahr: Bitte lesen!! Ich wünschte, jemand würde mir bei dieser Analyse Fehler nachweisen.
    Trotzdem: Weitermachen!!!! Ich hoffe, Du findest die richtigen Mitstreiter und den Knackpunkt, an dem sich der Hebel ansetzen lässt. Aber auch wenn das gelingt, die entscheidende Frage bleibt offen:
    Wie sieht das alternative System aus, das mit der heute existierenden Sorte von Menschen funktioniert?

 

Provokation, Alternativen, ethische Leitlinien
Marcel am 28. November 2005 um 23:56h

  1. Parteiisch im Sinne von befangen, gefärbt und tendenziös *) ist Mein Parteibuch schon. Ich bin ja schließlich Mitglied einer Partei, denn ich denke, um etwas zu ändern, muß man selbst Teil des Systems sein. Im Unterschied zu vielen anderen Medien schreibe ich es aber gleich in den Titel, dass ich parteiisch bin. Das finde ich durchaus anständig. Wer das parteiische wie eine Konstante in einer Gleichung abzieht, kommt dann dem Kern dessen, was ich hier treibe, näher. Ich will aber unverhohlen zugeben, dass es manchmal auch einfach nur Spaß macht, die Methoden der Bild-Zeitung zu kopieren, und den Spin dabei in eine andere Richtung zu geben.
    *) Al: ... es könnte sein, dass sich Marcel für solche Texte in ein paar Jahren schämt - Hoffentlich!
  1. Ich glaube gar nicht so sehr, dass das Kippen von politischen Systemen viel an der Gesellschaft ändert. Da ändert sich zwar die Fahne, die über dem System drüberhängt, aber tief drinnen ändert sich eher wenig. ... Derzeit sehe ich die Gefahr, dass die neuen Technologien des Informationszeitalters mit einem gesellschaftlichen Leitbild aus dem vorletzten Jahrhundert nicht zu der Verbesserung der Lebensumstände der Menschen führen, zu denen sie eigentlich führen könnten. Im Gegenteil, durch die Kriminalisierung großer Teile der Bevölkerung mit modernen Straftatbeständen wie zum Beispiel Urheberrechtsverletzungen und finanzielles Raubrittertum mit Hilfe von Patentrecht, Markenrecht, Namensrecht, Vertragsrecht und so fort erleben wir gerade neben Fortschritten auch deutliche Rückschritte in der Entwicklung hin zu einer besseren Gesellschaft. Über das politische System hingegen mache ich mir wenig Illusionen: das hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum geändert.
  1. Sicherlich ist das Herausheben der Attribute, die nicht selbstverständlich sind, eine Provokation. Neudeutsch heißt so etwas auch Eyecatcher. Ehrlich und unabhängig würde zwar sicher auch zutreffen, wäre aber kein Blickfang. Ich denke auch nicht, dass die Diskussion über das von mir abgegebene Mission Statement viel mehr Tiefgang verdient.
  1. Dieses alternative System, dass mit den heute existierenden Menschen funktioniert, zu beschreiben, sehe ich tatsächlich als eine Kernaufgabe, um etwas zu verbessern. ...
    Ich bin mir jedoch eigentlich sehr sicher, dass es Menschen gibt, die bereits weiter sind auf diesem Weg, Ziele oder ethische Leitlinien zu formulieren und die sich an ihre ethischen Linien auch selbst halten. Es kann doch nicht sein, dass ich mit diesen wohl beinahe klassischen humanistischen Wertvorstellungen allein auf der Erde bin? ...
    Als Leitziel würde ich mal zur Diskussion stellen wollen, dass ich meine, wir bräuchten so etwas wie eine Hinwendung zu mehr Anständigkeit. Es sollte sexy werden, anständig, bescheiden und geradlinig zu sein. Es sollte schick sein, einem gebrechlichen Menschen über die Straße zu helfen, anstelle sich am Ballermann den wegzudröhnen. Ich meine damit nicht, dass diese Anständigkeit ein Zwang sein sollte wie ein unverstandenes religiöses Ritual, sondern etwas gern gesehenes.
    Ich denke, dieses System braucht an der Spitze so etwas wie grundsätzliche ethische Leitlinien und sollte dann heruntergebrochen werden können. Ich denke, es sollte ein ethischer Kodex sein, der bereits im kleinen anzuwenden ist, der nicht mit einer Revolution, sondern auf einer Bewußtseinswandlung beruhend verbreitet wird. ...
    Ich denke übrigens, allein mit der neuen Informationstechnik läßt sich so etwas wie Deine globale Bildungs- und Menschenrechtsoffensive wirklich durchführen. Die Wikipedia leistet ja bereits heute bereits unschätzbare Dienste für die Bildung. Warum sollte es im Informationszeitalter nicht auch eine dem Informationszeitalter entsprechende Ethik geben können? ...

 

Pluralismus, das alternative System
Al am 29. November 2005 um 10:02h

  1. Diese Diskussion können wir also abhaken. Du stehst zu Deiner Parteilichkeit und das Ganze hat bewusst auch einen etwas reisserischen Charakter, denn anders kann man 'auf dem Markt'nicht bestehen. OK – verstanden, aber nicht akzeptiert. Macht nichts. Differenzstandpunkt.
  1. Aus meiner Sicht ändert sich gerade nicht nur die Fassade, sondern das ganze System. Für mich ist entscheidend (Beispiel Bundesrepublik), ob der von mir so hoch geschätzte Pluralismus erhalten bleibt, oder nicht. Kriterium dafür ist die Meinungsfreiheit, gewährleistet und gesichert durch den Rechtsstaat. Nach meinen DDR-Erfahrungen ist das das Tafelsilber Deutschlands und weiter Teile Europas. ... Ich habe die Befürchtung, dass diese Rechte durch den Staat sukzessive eingeschränkt werden. ... Das aber ist nicht die Fassade, es ist die Substanz des politischen Systems! Die freiheitliche Demokratie kippt: Fundamentalistische Christen agieren mit Nation Building und massiver militärischer Gewalt gegen fundamentalistische Moslems. Pluralismus und die Meinungsfreiheit bleiben auf der Strecke: Siehe USA.
  1. Wenn man Mission Statement wörtlich nimmt, dann verdient das, was man dazu schreibt, reiflichste Überlegung und Tiefgang. – Aber das ist meine Sicht. Differenzstandpunkt.
  1. Hier sind wir uns wieder sehr einig. Auch aus meiner Sicht ist das die alles entscheidende Frage, mit der sich die Zukunft dieser Zivilisation entscheidet: Wie sieht das vernünftige, friedliche und solidarische System aus, das mit der heute existierenden Sorte von Menschen weltweit funktioniert?
    Hier liegt auch der Grund, weshalb ich generell unseren Parteien und ihren Generalsekretären misstraue: Sie kümmern sich um diese Frage einen Dreck. Genau diese weltanschauliche Frage war aber ursprünglich ein wesentliches Anliegen aller Parteien bei ihrer Gründung! Was ist davon übrig geblieben? Du redest wie die SPD von Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit. Wie aber soll der Staat, das politische System aussehen, das in den Zeiten der Globalisierung die Wohlfahrt und den Wohlstand aller sichert??! Vom Mehren des Wohlstands und von Wachstum gar nicht zu reden. Wo ist das Programm, das Konzept, die neudeutsche Roadmap, mit der eine solche Gesellschaft aufgebaut werden kann? Keine Partei hat auf diese Fragen Antworten. Siehe Koalitionsverhandlungen: Es geht nur um’s Geld und strategisch maximal um die Pendlerpauschale…
    Eine neue Epoche der globalen Aufklärung? Technisch überhaupt kein Problem, aber weil der Wille fehlt, ist so ein Ansinnen die blanke Utopie. Kein Wunder, dass die Eliten mit Parteien und Politik nichts zu tun haben wollen.

 

Meinungsfreiheit, neue Ethik
Marcel am 29. November 2005 um 17:50h

  1. Es mag sein, dass ich mich in Bezug auf Provokation ganz gewaltig irre. Den Nutzen der Provokation habe ich gleich zu Beginn gesehen, die Defizite in der gesellschaftlichen Ethik hingegen erst viel später. Wie bekomme ich publizistisch eine neue Ethik der Anständigkeit damit zusammen, dass Menschen sich beinahe einem Naturgesetz gleich für reißerische Aufmacher interessieren?
  1. Ich denke, in Bezug auf die Meinungsfreiheit haben wir es mit einem sehr labilen Kräftegleichgewicht zu tun, das durch die Konzentration der Märkte bedroht ist, die das Informationszeitalter mit sich bringt. Der Widerspruch liegt darin, dass mehr Freiheit leicht zu mehr Konzentration führt, was letztendlich ein weniger an Freiheit bedeutet. Deutschland steht aus meiner Sicht zwar insgesamt schlecht, aber wegen des dualen Mediensystems jedoch noch vergleichsweise gut da. Man denke zum Vergleich nur an Italien.
    Die modernen neuen Straftatbestände, Möglichkeiten, mit Klagen zu Schutzrechten virtueller Güter mißliebige Menschen beliebig in die Enge zu treiben, und natürlich auch die privatwirtschaftliche Beherrschung technischer Standards sind aus meiner Sicht viel mehr Kennzeichen des neuen Totalitarismus im Informationszeitalter. ...
  1. Nun, die Zivilisation sehe ich nicht gefährdet. Die Menschheit ist sehr anpassungsfähig, ähnlich Ratten in der Kanalisation werden Menschen noch viel Ungemach der Erde überleben. Ich empfinde die Vorstellung, dass Menschen ihresgleichen beherrschen, jedoch nicht als schön, also als unethisch.
    Recht hast Du, wenn Du erklärst, dass von Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit zwar viel geredet wird, die Taten sich jedoch nicht daran orientieren. Ich gehe davon aus, dass dies keine Frage des politischen Systems ist, sondern eher eine ethische Frage. Ich will es mal anders formulieren: nicht die Verbesserung des politischen Systems bringt uns positiven gesellschaftlichen Fortschritt, sondern ein mehr an ethischem Handeln der in dem System lebenden Individuen. Ich bin mir schon bewußt, dass ich mit dem Streben nach einer neuen Ethik tief in die Religion hineingehe. Allerdings ist die ethische Grundlage, sei sie Religion oder Ideologie eben die Grundlage für den politischen Rahmen. Um wirklich nachhaltig etwas zu verändern, muß dieser ethische Rahmen betrachtet werden, meine ich.
    Noch bekomme ich es allerdings nicht so recht zusammen, daraus eine Art Roadmap, die die Welt aus den Angeln hebt, zu machen

 

Revolution, wissenschaftliches Weltbild
Al am 29. November 2005 um 19:23h

  1. Das sind ganz einfach Marktgesetze, die sich entwickelt haben und die man nicht ignorieren kann, wenn man etwas verkaufen oder erreichen will.
  1. Da sind wir uns einig: Deutschland steht vergleichsweise noch gut da. Ich hoffe deshalb eher darauf, dass es so bleibt, als dass es noch besser wird. Den Totalitarismus, den erstaunlicherweise die Technik hervorbringt, habe ich so noch nicht wahrgenommen. Aber er existiert in Form verschiedener Monopole (Microsoft, Intel, Handy, Medien, Internet-Verwaltung, Rohstoffe, Energie, Logistik ...), die ihre Sonderstellung ausbauen und für ihre Zwecke ausnutzen. ... Allerdings habe ich keinerlei Idee, wie man gegen Akkumulation, Globalisierung und Totalitarismus OHNE Kapital im Hintergrund friedlich und demokratisch vorgehen kann! Ein Qualitätssprung ist hier mit Moral und Ethik nicht von innen heraus zu erreichen. Das geht nur mit blutiger Revolution. Und die findet mit Leuten nicht statt, die satt auf dem Sofa sitzen und jeden zweiten Tag ihr Auto vor der Garage waschen.
  1. Und da sind wir schon beim alternativen System. Deine ethischen Bemühungen in allen Ehren. Aber was nicht einmal die Religionen schaffen, wird eine neue Ethik erst recht nicht erreichen. Es gibt zu wenig gebildete, vernünftige Menschen und deshalb fehlt weltweit jede Motivation für eine ethische Bewegung. Aus dieser Ecke kommt meine Forderung nach einer neuen Epoche globaler Aufklärung.
    Unter dem Stichwort Das wissenschaftliche Weltbild habe ich genau darüber nachgedacht. Zu den dort aufgestellten Grundsätzen und Geboten kann man auch Ethik sagen. Vielleicht findest Du dort den Hebel für Deine Roadmap?! Ich bin skeptisch. Eine qualitative Veränderung kann nur eine Revolution der Massen oder der sprichwörtliche weise Fürst/milde Diktator herbeiführen.
    Solange es noch nicht so weit ist, sollten wir uns einfach darüber freuen, wie gut es uns jetzt immerhin geht! Aus meiner Sicht ist das gegenwärtige pluralistische Gesellschaftssystem Europas das Maximum dessen, was mit dieser Sorte von Menschen erreichbar ist.

 

Revolution, Religion, Wiki
Marcel am 30. November 2005 um 3:36h

  1. 4. Die Konzentration der Märkte sehe ich als ein wichtiges Kennzeichen des Informationszeitalters. Die bessere Kommnikation befördert die Globalisierung und begünstigt damit die globale Monopolisierung. Der mit der neuen Technik einhergehende inflationäre Schutz geistiger Eigentumsrechte zementiert diese Monopole dann. Kapital ist nur insoweit notwendig, als dass diese Schutzrechte geistigen Eigentums durchgesetzt und verteidigt werden müssen. Die Revolution dagegen stelle ich mir dezentral und schleichend vor, nicht blutig. Sie sollte vom Organisationsbild eher aussehen wie Open Source Software oder wie eine Blogosphäre denn wie eine Militäraktion.
  1. 10. Die Religion halte ich nicht für mächtig, sondern für schwach wie nie zuvor, was auch nicht zuletzt aus der Aufklärung resultiert. Die Religion leistet einen wichtigen Teil zur Konditionierung von Menschen mit ethischen Verhaltenskodizes, aber sie erreicht immer weniger Menschen. Die von dir formulierten vernünftigen Gebote sind mir zu fest, und ich meine, sie treffen nicht den Kern der Dinge und sind etwas widersprüchlich. Und auch die Aufklärung oder ein wissenschaftliches oder atheistisches Weltbild sehe ich nicht als absolute Notwendigkeit an. Ich habe keine Probleme damit, in anständigen ethischen Leitlinien auch ein romantisches oder ein religiöses zu befürworten. ...
    Der Ansatzpunkt sind, denke ich, ethische Leitlinien. Deine 10 Gebote finde ich als Ausgangspunkt gar nicht schlecht, ebenso wie die ersten 20 (?) Artikel des Grundgesetzes oder die ersten Artikel der Statuten einer Partei, wie zum Beispiel der SPD. Ich denke, allen Ansätz fehlt jedoch etwas. Zum Beispiel fehlen mir Worte zu Umgangsformen im inneren der Bewegung zur Verbesserung der Welt.
    Viel spannender finde ich die Frage, welches technische System man verwenden kann, um zu kleinen sukzessiven Verbesserungen dieser Ansätze zu kommen. Kann man ein ethisches oder politisches System mit heute verfügbarer Technik entwickeln? Oder wäre die Entwicklung einer neuen Webtechnik notwenidig, zielführend, sinnvol oder was auch immer? Wie könnte ein solches technisches System zur Gestaltung eines ethischen Systems in einem offenen Prozeß aussehen?
    Sähe so ein System aus wie ein Wiki, mit dem eine Verfassung oder eine Vereinssatzung geschrieben wird? Mal angenommen, man findet so ein technisches System oder kann es beschreiben, wie kann man dann den Prozeß anschieben und Mitstreiter finden?

 

Revolution, 3 Dinge, die die Welt verändern
Al am 30. November 2005 um 18:40h

  1. Die Eigentumsrechte sind neue Produkte, die wieder Kapital erzeugen und das Monopol sichern. Aber die ganze Globalisierung und Monopolisierung funktioniert nicht, wenn Du kein Kapital hast.
    Und aus meiner Sicht gibt es keine schleichende Revolution. Eine Revolution bewirkt den Umschlag von Quantität in Qualität oder eine Qualität wird zu einer neuen. Insofern benötigt ein qualitativ neues Gesellschaftssystem eine Revolution, die muss aber nicht blutig sein: Siehe DDR-Implosion. Entscheidend aber ist: Entweder wird so eine Revolution von oben verordnet (Lenin und Fiedel Castro), oder sie wird von unten, von den Massen, erzwungen. In jedem Fall aber müssen die Menschen mitmachen, sie müssen motiviert sein oder werden. Und genau hier hapert es, aus meiner Sicht: Wohlstand und Revolution schliessen sich aus.
  1. Achtung: Meine '10 Gebote' unter Das wissenschaftliche Weltbild sind keine neuen 10 Gebote, sondern Beispiele!!! Es sind weder ausformulierte Gebote, noch sind sie in eine vernünftige Rangordnung gebracht (das steht dort auch!). Ich wollte nur nachweisen, dass man aus dem naturwissenschaftlichen Wissen auch moralische und ethische Gebote ableiten kann. Das ist kein Vorrecht der Religionen. Anders gesagt: Man muss nicht an Gott glauben, um vernünftig und ethisch mit seinen Mitmenschen und der Natur umzugehen.
    Natürlich kann man sich ein wissenschaftliches Weltbild auch mit oder ohne Gott vorstellen. Aber es wird dann nicht der naive Gott der Bibel oder des Korans sein. Es gilt immer noch das, was Kant gesagt hat: Wir sind nicht in der Lage, das 'Ding an sich' zu erkennen, wir sehen nur seine 'Erscheinung' (Wirkung). Sich unter diesen Voraussetzungen einen Gott vorzustellen, das passt in das wissenschaftliche Weltbild. ...
    Die Technik ist aus meiner Sicht sekundär. Sie ist prinzipiell vorhanden und global verfügbar. Das allein ist wichtig. Entscheidend ist: Man muss die Köpfe der Menschen erreichen und ihre Motivation qualitativ verändern. Vorsicht! Da sind wir fast schon wieder beim 'Neuen Menschen', den es nicht geben wird.
    Wenn Du etwas in Richtung auf ein neues, oder wenigstens reformiertes System (oder weniger: ein neues menschliches Verhalten) auf die Beine stellen willst, dann sind dafür drei Dinge nötig:
    (A) Eine plausible Vision
    (B) Die Vision muss für jeden einzelnen einen Vorteil in Aussicht stellen und
    (C) Du musst (mit Technik) die Massen erreichen.
    Nach diesem Prinzip funktionieren Religionen (und Ideologien). Und wenn Deine Vision nicht so simpel ist, wie die Story vom Gutmenschen Jesus, dann ist sie zu kompliziert und Du erreichst nur die gebildeten Menschen, von denen es zu wenige gibt...
    Es ist schwierig, die Welt ohne blutige Revolution aus den Angeln zu heben ....!

 

Revolution, Gebote, Nebel
Marcel am 1. Dezember 2005 um 0:38h

  1. Hat sich die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahrzehnten nicht weiterentwickelt, obwohl es weder eine friedliche noch eine blutige Revolution gab? Ich denke schon. Es gab so etwas wie eine schleichende Revolution, hin zu gewaltloser Kindererziehung, hin zur Gleichberechtigung von Frauen, hin zur gesellschaftlichen Bekämpfung von Suchtkrankheiten wie Alkoholismus und hin zur Aufhebung der Ächtung von mancher einvernehmlicher Sexualität unter Erwachsenen. ... Allein, es wäre illusorisch zu glauben, dass sich durch diese Revolution wirklich viel geändert hätte in dem Land. Es setzt sich vielmehr inzwischen die Erkenntnis durch, dass Veränderungen nur langsam von statten gehen.
  1. Wenn Deine 10 Gebote nicht Vorschriften, sondern Beispiele sind, dann sind diese Gebote ein möglicher Ansatz für ethische Leitlinien. Ich meine, der Anspruch, dass diese ethischen Leitlinien perfekt sind, ist nicht erfüllbar. Stattdessen würde ich mich mit einem offenen System beschäftigen wollen, das solche Leitbilder verbessert, präzisiert oder verallgemeinert. Mit offenen System meine ich dabei ein technisches System, dass es praktisch jedem, der sich dazu Gedanken macht, erlaubt, an der Verbesserung mitzuwirken (Wiki).
    Wenn Du von einer Vision schreibst, dann stimme ich Dir insofern zu, als dass auch ich glaube, ein Leitbild ist dringend notwendig. Allerdings fällt so ein Leitbild, glaube ich, nicht vom Himmel und auch eine Eingebung wird allenfalls Rudimente hervorbringen. Für notwendig halte ich es hingegen, einen winzigen Anfang zu machen und dann ein System, einen Prozeß, zu betreiben, dass diesen Anfang verbessert. ... Um solch eine Vision zu entwickeln, muß jedoch ein Kern bereits vorhanden sein. Diesen Kern sehe ich in den ethischen Leitgedanken des Umganges miteinander von denjenigen an, die sich daran machen, eine solche Vision zu entwickeln.
    Diesen Gedanken, wie sich die unbestimmte Verbesserungswürdigkeit zu einem Ankerpunkt ethischer Gedanken oder so ähnlich verfestigen könnte, habe ich im Parteibuch Wiki mal in einem ersten Entwurf “Verdichtung eines Nebels zu einem festen Ankerpunkt” festgehalten. Ich stelle mir das dann so vor, wie das in einem Wiki üblich ist, jeder das verbessern kann oder neue Gesichtspunkte hinzufügen kann. Mit Deiner Erlaubnis würde ich Deine “10 Gebote” und womöglich noch einige Texte mehr von Deiner Webseite da auch zufügen bzw. Dich dazu einladen, sie selbst zuzufügen.

 

Nebel, Wiki, Qualität und Quantität
Al am 1. Dezember 2005 um 2:38h

Ich habe das gerade mal überflogen: Noch ist es sehr neblig und es muss konkreter, sachlicher, deutlicher werden. Auch in der Überschrift. Natürlich kannst Du alles von mir zitieren, was Dir nützlich erscheint. Ich werde auch mitmachen, allerdings noch nicht in dieser Nacht, denn morgen habe ich auch noch was vor … Es ist aber ein spannender Gedanke, eine Vision für eine friedliche, pluralistische, solidarische, globale Gesellschaft mit einem Wiki zu entwickeln. Das wäre ja fast schon ein Titel – Vision für eine globale Zivilisation …oder so ?! Was sollte so eine Zivilisation für Ziele haben, wie werden die Menschen satt, wofür sollten sie ihre Zeit investieren und wie sollten sie miteinander umgehen??

Nur noch eine Bemerkung: Entwicklung ist nicht Revolution. Hier geht es um die Begriffe Qualität und Quantität. Natürlich hat sich die Bundesrepublik entwickelt, und nicht zu knapp. Aber es ist die Bundesrepublik geblieben, auch wenn sich viel gegenüber 1950 verändert hat. Es hat eine quantitative Weiterentwicklung stattgefunden, aber es fand kein Umschlag in eine neue Qualität statt. Du hast Recht, über eine (sehr) lange Zeit kommt auch eine neue Qualität zustande, aber mit einer Revolution geht es schneller.

Und ganz entscheidend ist: Manche Dinge kann man nicht durch Weiterentwicklung aus der Welt schaffen. Beispielsweise das Streben nach Ansehen/Macht und die inflationäre Zinswirtschaft. Die beiden Aspekte sind die Ursache dafür, dass heute eigentlich nur noch einen Wert existiert: Geld. Aus meiner Sicht hilft da nicht einmal eine Revolution, denn hier geht es um genetische Programmierung.

 

Nebel, Ethik, neue Qualität
Marcel am 2. Dezember 2005 um 13:12h

Schaun wir mal, wie es weitergehen kann. Den Beitrag habe ich absichtlich so undeutlich und wenig konkret gehalten, damit sich das Kondensat, was dann konkreter werden sollte, aus der Diskussion heraus entwickeln kann. ... Den Titel des Ziels der Idee habe ich auch bewußt offen für eine Diskussion gelassen, genauso wie ich mich bemüht habe, eine Vision zu vermeiden. Das Wort Vision hat für mich einen pathologischen Beiklang, ich denke eher an so etwas wie an ein grundlegendes gedankliches Leitbild.

Von den von Dir angesprochenen Fragen halte ich die Frage, wie Menschen miteinander umgehen sollten, für die grundlegende Frage, aus der die Lösung der anderen Fragestellungen entwicklet werden kann. Dies ist der Grund dafür, warum ich versuche, zuerst Gedanken zur Ethik anzustellen. Ethisches Verhalten äußert sich insbesondere im Umgang miteinander.

Ich meine, nur durch Entwicklung kommt eine neue Qualität zu Stande, ganz so wie in der Bundesrepublik sich viel verändert hat gegenüber 1950. Ich glaube, eine Revolution verhindert die Entwicklung einer neuen Qualität.

Ich sehe die Welt so, dass man Dinge nur durch Weiterentwicklung aus der Welt schaffen kann. Recht gebe ich Dir, dass man nicht alle Dinge aus der Welt schaffen kann, mit manchen Dingen müssen wir einfach lernen, umzugehen, so wie wir mit der schrecklichen Vorstellung klarkommen mußten, dass sich nicht die Sonne um die Erde dreht, sondern die Erde um die Sonne. Dagegen hilft keine Revolution, wir müssen lernen, damit umzugehen.

Ich möchte also nicht die genetische Programmierung ändern, sondern die Art und das Bewußtsein, wie damit umgegangen wird.

 

Wiki, Methodik, Hunger vor Ethik
Al am 7. Dezember 2005 um 22:36h

Der Nebel hat sich noch nicht gelichtet. Aber das kann ja noch werden. Nach einigen Überlegungen bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass ein Wiki sehr gut zu einer solchen Meinungsbildung geeignet ist: Erstens wird nicht nur geredet, sondern es muss geschrieben werden. Das führt dazu, dass man konkreter werden muss. Es können sich auch alle problemlos beteiligen, die dazu eine Meinung haben. Und drittens ist ein Wiki tatsächlich besser als ein Arbeitskreis, denn es wird nicht soviel gequatscht, sondern wesentlich intensiver gearbeitet – Es wird nämlich direkt am Ergebnis gewerkelt: An einem Text, der das Endprodukt ist. Bisher wird die Wiki-Technik in Wissenschaft und Forschung in dieser Weise erst selten als Methodik benutzt. Das wird sich ändern.

ABER es gibt ein Aber: Wie bei jedem Arbeitskreis oder Teamwork liegt der Erfolg entscheidend bei der Moderation, bei der Leitung. Wenn nur Nebel vorgegeben wird, ist zwar das Ergebnis völlig offen, aber dafür (deswegen) kommt in der Regel auch nichts zustande. Nebel bleibt Nebel.

Ein methodisches Beispiel, was ich darunter verstehe: Unter 19. habe ich einen Satz geschrieben, der eine Strategie beschreibt und sich als Struktur eignen würden:

„Was sollte so eine Zivilisation für Ziele haben, wie werden die Menschen satt, wofür sollten sie ihre Zeit investieren und wie sollten sie miteinander umgehen??“

Daraus wird leicht eine Struktur (Überschriften):

1.Gegenstand (hier: Zivilisation)
2.Generelle Ziele
3.Existenzsicherung
4.Weltbild/Sinn des Lebens
5.Ethische Grundsätze

Hätte das Wiki eine zupackende Überschrift (z.B. Leitbild für ein globalisiertes Deutschland“) und wäre es in diese 5 Absätze gegliedert, würde es viel mehr zur Mitarbeit einladen, als das jetzt der Fall ist. ACHTUNG. Das ist NICHT mein Vorschlag für Dein Wiki (dann hätte ich es schon umgebaut …!) sondern ich will nur demonstrieren, dass es mit der richtigen Methodik wesentlich effektiver funktioniert.

Aus meiner Sicht ist die Frage, wie Menschen miteinander umgehen sollten, nicht der alles entscheidende Aspekt. Zu allererst müssen die Menschen satt sein, genug Wasser haben und nicht frieren, ein Dach über dem Kopf. Erst wenn die Existenz gesichert ist, kann man die nächste Schicht angehen: Familie, Kinder, Sicherheit, Komfort, Gott, Bildung. Erst mit der Bildung stellen sich in einer dritten Schicht solche grundlegenden Fragen wie Naturgesetze, Historie, Sinn des Lebens und Weltbild. Und erst hier geht es um Ethik und Moral.

Du gehst schon von dieser dritten Schicht aus, weil für Dich alles was davor kommt, gesichert erscheint. Aber genau das ist eine gefährliche Illusion: Die Globalisierung klaut uns die Arbeit und die Arbeitsplätze! Wie aber werden Deine Kinder und Enkel dereinst satt werden?? Ohne Arbeit und mit einer Sockelarbeitslosigkeit von vielleicht 10 Millionen in Deutschland??! Da hilft die beste Moral nichts …!

Und um auch das mal klarzustellen: Ich bin nicht für Revolutionen. Erstens weil sie meistens blutig sind und zweitens weil es zu einer Revolution erst kommt, wenn es allen so dreckig geht, dass niemand mehr etwas zu verlieren hat. Darauf aber kann kein vernünftiger Mensch hoffen.

Mir geht es nicht um Revolution, sondern um den Qualitätssprung. Und genau hier liegt das Problem. Schon um beispielsweise endlich in Deutschland ein vernünftiges, einfaches Steuersystem zu installieren, bedarf es eines Qualitätssprungs. Sonst quälen wir uns weitere 50 Jahre mit 476 Ausnahmeregelungen herum. Wie aber ist dieser Qualitätsprung (ohne Revolution!) zu erreichen?? Mit Entwicklung dauert es weitere 50 Jahre… bestenfalls. Und es gibt dutzende solcher Fälle in Deutschland, wo mit quantitativen Veränderung nicht schnell genug das Notwendige erreicht wird. Wir brauchen Qualitätssprünge: Im Renten- und Gesundheitssystem, in der Staatsverschuldung, in der Einnahmen- und Ausgabenstruktur, im Föderalismus, in der Bildung, in Europa … und endlos so weiter! Auf allen diesen Feldern muss eine grundsätzlich andere Politik zu Tragen kommen. Schnell. Morgen. Sofort!! Ich bezweifle, ob das mit Ethik und Moral zu erreichen ist.

Aber wie sind solche Qualitätssprünge ohne Revolution zu erreichen? Ich habe nur die Vision, dass man der Bildung einen qualitativ anderen und global wirkenden Stellenwert einräumt. Und auch dann dauert es noch mindestens 25 Jahre, bis das Früchte trägt …! Ich hoffe, Dir/Euch fällt etwas Besseres ein!

Zusammengefasst:
Unbedingt weitermachen, aber professionell, fachkundig und mit gründlicher, zielführender Methodik!

 

Leerer Artikel, Verhalten der Politiker, Ethik
Al am 8. Dezember 2005 um 21:39h

Ich habe mir einfach mal erlaubt, mit deinen fünf Stichpunkten einen nahezu leeren Artikel “Ein Leitbild für ein globalisiertes Deutschland” anzulegen. Mal schauen, wenn ich den etwas bewerbe, vielleicht findet sich dann ja jemand, der das mit Leben füllt.

Ich meine auch, ich sollte versuchen, dem gewachsenen etwas Form zu geben, zum Beispiel durch so etwas wie eine Gliederung, durch die Entwicklung einer Aufgabenliste, durch Promotiontools oder durch die Beschreibung eines Meilensteins. Eine Übersicht der bisher erstellten Seiten zum Thema Informationszeitalter habe ich schon mal erstellt. In den letzten Tagen habe ich vor allem einmal versucht, herauszufinden, wer noch ähnliche Gedanken geäußert hat, wie ich sie habe - ich will schließlich nicht etwas machen, was andere schon vor langer Zeit viel besser begonnen haben. Erschreckend wenig habe ich dazu gefunden - Jürgen Habermas hat zwar mal einen ähnlichen Ansatz der Kommunikationsethik entwickelt, ich bezweifle jedoch, dass er sich so einfach auf die virtuelle Kommunikation im Informationszeitalter übertragen läßt. ...

Deinem Schichtmodell der Bedürfnisse, die vorrangig versorgt werden müssen, möchte ich widersprechen. Die Frage, ob zuerst die Grundbedürfnisse der Menschen versorgt werden sollen, oder ob zuerst angemessene menschliche Umgangsformen entwickelt werden sollen, ist in meinen Augen wie die Frage, ob Henne oder Ei zuerst da war.

Es ist ja nicht so, dass die Güter, die wir erzeugen nicht reichen würden, um die Grundbedürfnisse der Menschen irgendwie zu versorgen, sondern Menschen vor allem deshalb Not leiden, weil einige Menschen nicht an ihre Mitmenschen denken. Wie mit Verantwortungslosigkeit, Korruption und Gier von Mitmenschen umgegangen wird, halte ich für ganz wichtige Kriterien, die die Versorgung der Grundbedürfnisse der Menschen entscheidend beeinflußt.Selbst in Gebieten, wo absolute Notlagen herrschen, snd es vor allem schlechte menschliche Umgangsformen wie zum Beispiel Kriege, die dafür verantwortlich sind.

Wenn Du sagst, dass auf den Politikfeldern “Renten- und Gesundheitssystem, in der Staatsverschuldung, in der Einnahmen- und Ausgabenstruktur, im Föderalismus, in der Bildung, in Europa” Quantensprünge notwendig sind, so erzählst Du damit keinem Politiker etwas neues.

Viele Politiker wissen in ihren Kompetenzbereichen ganz genau, was zu tun wäre, können jedoch nichts dran ändern, weil sie selbst abhängig von ihren Seilschaften sind, die sie in die Ämter gebracht haben. Parteien und Seilschaften sind streng hierarchisch aufgebaut, und haben kein anderes Ziel, als den Ausbau der Macht ihrer Mitglieder, egal, was da für eine Flagge über der Seilschaft weht und welche Ziele sie vorgeblich verfolgt. Viele Verantwortliche werden nur deshalb in die Ämter gebracht, um einen Weg zu finden, den Hahn zu öffnen, um abzuzocken - damit die Mitglieder der eigenen Seilschaft begünstigt werden. Kaderstrukturen, Parteidisziplin und Gruppendisziplin sind da Stichworte, die die Verantwortungslosigkeit begünstigen.

Genau hier setzt nun meine Forderung nach einer neuen Ethik und vor allem nach neuen Umgangsformen innerhalb der Partizipierenden, der Gruppierung oder der Sympatisanten an. Ich möchte keine Seilschaft schaffen, die die gleiche Politik der größtmöglichen Abzocke unter einem anderen Label fortsetzt. ...

Bedauerlicherweise habe ich nicht sehr viele Freunde, die das Hobby mit mir teilen, die Welt verbessern zu wollen. Allerdings verirrt sich hier auf meine Webseite doch hin und wieder mal der eine oder andere Besucher, der irgendwie das Gefühl hat, dass “die da oben” mit gezinkten Karten spielen. Mehr habe ich kaum, um das Projekt zu beginnen.

Wie wäre es, wenn Du Dir einen Account anlegst und ein bißchen im Wiki am Projekt “Leitbild für ein globalisiertes Deutschland” oder “Entwürfe zur Informationsgesellschaft” mitschreibst und eine Struktur in die Geschichte bringst? Andersherum frage ich mich, wie ich den gewaltigen Schatz Deiner Webseite irgendwie besser nutzbar machen könnte.

 

Methodik, Hunger, Google und Abhängigkeit
Al am 11. Dezember 2005 um 12:30h

Du machst es Dir zu einfach. Ich habe laut und deutlich gesagt, dass dieser Titel und die fünf Überschriften kein Vorschlag, sondern die Illustration einer Methode sind. Das zum Wiki zu machen und darunter zu schreiben: „Vielleicht findet sich dann ja jemand, der das mit Leben füllt.“ ist Deine Methode. Ich missbillige sie, weil ihr die eigenen Ideen, die investierte Arbeit und die Professionalität fehlen. Ohne Arbeit und nur mit Wiki-Diskussionen wird man mit Sicherheit nicht die Welt verändern!

Bei der Diskussion um die 'Irrtümer der Marxisten’ (Story 2003) habe ich schon einmal etwas zu denen gesagt, die die Welt verbessern wollen. Weil ich es kürzer nicht sagen kann, zitiere ich mich selber (an Frau Zitroneneis am 14.01.05): „Aber ich will Sie nicht von Ihrem Glauben an eine bessere Gesellschaft abbringen. Allen, die dieser Utopie nachjagen, würde ich aber empfehlen: Analysieren Sie zuerst die gegenwärtige Lage unter Berücksichtigung von 70 Jahren realer Sozialismus so ordentlich, wie Marx das für seine Zeit gemacht hat. Erst mit dieser Analyse können Sie ein Projekt für eine bessere Gesellschaft auf die Beine stellen. Und erst wenn dieses Projekt einer wissenschaftlichen Diskussion standhält, kann man daran gehen, es in die Tat umzusetzen. Wenn man diesen Weg nicht geht, dann ist der Grund dafür entweder Unvermögen, Faulheit, naiver Glaube oder Machtgier (PDS).
Schicken Sie mir das Projekt, wenn Sie es haben!“

Danke für die Einladung, aber ich werde an diesem Projekt aus mehreren Gründen nicht mitarbeiten:
1. Das ist nicht mein Fachgebiet. Ich bin nicht ausreichend für ein derartiges Projekt qualifiziert.
2. Ich bin zeitlich nicht in der Lage, eine fundierte Analyse zu erstellen.
3. Mir fehlt der Glaube an die qualitative Veränderung dieser Gesellschaft und damit die Motivation.
4. Das Maximum, was ich mir vorstellen könnte, ist eine globale Bildungsoffensive: Die globale Aufklärung. Aber schon das ist reine Utopie.

Interessant, was Du über den Handlungsspielraum der Politiker sagst und ihre Verstrickung in persönliche und parteiliche (hier stimmt das Wort!) Interessen. Das bestärkt meine Aussage im Punkt 3.

Ich stimme auch Deiner Ansicht nicht zu, dass die von mir genannten Schichten letztlich auf die Frage von Ei und Huhn hinausläuft. Du unterschätzt den massiven Einfluss von Hunger, Durst und Kälte, weil Du so etwas noch nie erlebt hast. Es braucht aber nur global der Strom für ein paar Wochen ausfallen und wir sind wieder so weit. Deshalb lass’ Dir mal meine Frage auf der Zunge zergehen und versuche ernsthaft, sie zu beantworten: „Die Globalisierung klaut uns die Arbeit und die Arbeitsplätze! Wie aber werden Deine Kinder und Enkel dereinst satt werden?? Ohne Arbeit und mit einer Sockelarbeitslosigkeit von vielleicht 10 Millionen in Deutschland??!“

Es gibt auch eine interessante Verbindung von Google zu unserer Diskussion in diesem offenen Beitrag: Google steht international mehrfach wegen seiner Geschäftsgebaren und wegen verdeckter Aktivitäten in Richtung Datamining in der Kritik. Sollte man die Produkte einer so umstrittenen Firma kaufen oder nutzen? Solle man mit ihr Geschäfte machen, wenn man gleichzeitig für eine neue Ethik streiten will?! Mit Sicherheit nicht!

Ich nutze in erster Linie Metager2, aber oft auch Google. Dafür aber streite ich auch nicht für eine bessere Ethik und Moral (bin aber trotzdem in vieler Hinsicht ein Moralist…). Über meine WebSite könnte ich schreiben: Unabhängig, kritisch und werbefrei.

Das kann ich mir leisten. Und das genau ist der springende Punkt: Du kannst Dir Werbefreiheit nicht leisten. Du glaubst, auf die Einnahmen von Google nicht verzichten zu können. Vielleicht sind die Zwänge wirklich so gross. Aber Dein eigenes Beispiel demonstriert exemplarisch, wie massiv diese Abhängigkeiten sind. Genau sie sind ein entscheidendes Kriterium dieses Systems! Und weil sie nicht qualitativ zu beseitigen sind (das inflationäre Zinssystem und der universelle Wert des Geldes), ist es illusorisch, in einer neuen Ethik den Hebel zu sehen, der die Welt verändert. Solange diese Gesellschaft so ist, wie sie ist, ist das kein Hebel, sondern höchstens Gegenstand elitärer Diskussionen.

Aber trotzdem und wie schon mehrfach gesagt: Weitermachen!!

 

Mein letztes Statement
Al am 18. Dezember 2005 um 20:13h

Hello Marcel, mein letzter Eintrag hat Dich wohl ausser Gefecht gesetzt?! Kein Wunder - Dir fehlen die Argumente. Wir gucken offensichtlich nicht in gleicher Weise über den Tellerrand. Ich habe inzwischen einiges in Deinem Parteibuch gelesen und festgestellt: Über weite Strecken Agitation und Propaganda mit teilweise erschreckendem Niveau.

Genau das, was Du mit Deinem Parteibuch © machst, wirfst Du ohne Sachverstand der Dosenpfandkanzlerin vor: Platteste Propaganda. So etwas hat man in der FDJ vom Sekretär für Agitation und Propaganda zwar erwartet, aber fast niemand hat die Erwartungen erfüllt. Der Normalo-FDJ-ler hat sich geschämt, in so ordinärer Weise zu argumentieren. Schliesslich waren alle bereits in der 8. Klasse in der materialistischen Dialektik geschult *). Jetzt ist das offensichtlich ganz anders. Wo bleiben in dieser parlamentarischen Demokratie Pluralismus, Toleranz und das eigene Denken ??!
*) … ein wesentlicher Grund für den Untergang des Sozialistischen Lagers: Die Leute hatten naturwissenschaftliches Wissen und sie haben ihren Verstand gebraucht. Gegen physische Macht kann er leider nichts ausrichten …

Ich hoffe, Du archivierst diese Texte und zeigst sie in 20 Jahren Deinen Kindern und Enkeln unter dem Mission Statement: Persönlich, parteiisch und kleinkariert.

Wie wäre es, auf Vernunft und Professionalität umzusteigen und sich den wirklichen Existenzproblemen dieser Welt zuzuwenden? Wenn Du Dich tatsächlich für eine andere Welt und für neue ethische Leitlinien engagieren willst, wärst Du beispielsweise hier genau richtig: worldfuturecouncil.org.

 

Hier ist der gesamte Dialog im Original nachzulesen ...

 

 

Die Fortsetzung liegt im Nebel ...

Marcel am 03. Dezember 2005, 4:13:
Im Nachgang zu meinem Diskurs mit Al im offenen Beitrag habe ich unter dem Titel Verdichtung eines Nebels zu einem festen Ankerpunkt einige Grundgedanken über die Notwendigkeit einer neuen Ethik für das Informationszeitalter in das Parteibuch Wiki geschrieben. Al hat im offenen Beitrag von einer Vision für eine friedliche, pluralistische, solidarische, globale Gesellschaft gesprochen*). Ich meine, es fehlt den Handelnden an der Orientierung an ethischen Maßstäben. Wer andere abzockt, der gilt schlau. Ich meine, es fehlt an einer neuen Ethik.

*) Meine Entscheidende Frage dabei ist: Was sollte so eine Gesellschaft für Ziele haben, wie werden die Menschen satt, wofür sollten sie ihre Zeit investieren und wie sollten sie miteinander umgehen??

Wie wäre es denn mit der Forderung nach einer neuen gesellschaftlichen Ethik als Antwort auf die Fragen von Bredthauer und Franz? Ich habe da schon mal einen Anfang gemacht …

Mitmachen erwünscht auch beim Wiki: Ein Leitbild für ein globalisiertes Deutschland

 

Jürgen Albrecht, 29. November 2005
Update: 05.11.2007

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