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Neue Chance für Deutschland ?

 

 


Politik macht depressiv

... jedenfalls in Deutschland. Bei den Koalitionsverhandlungen der neuen Regierung ging es erst um Macht und Posten und danach nur um Geld. Ist Geld wirklich alles? Und wenn es so ist, warum gilt für den Staat nicht das, was für jeden Haushalt unumstösslich ist: Es kann nur das verbraucht werden, was in der Haushaltskasse ist!? Weil sich der Staat über Jahre hoch verschuldet hat, zahlt er jetzt jährlich rund 40 Milliarden Euro Zinsen (!) an die Banken, Tendenz steigend. Geld, das für Investitionen fehlt. Auch die Regierung der Grossen Koalition plant, für den Haushalt 2006 die Schulden verfassungswidrig um 41 Milliarden Euro zu erhöhen! Tatsächlich könnten es wie 2004 fast 70 Milliarden Euro werden. Wer wird das jemals vor unseren Kindern und Enkeln verantworten? Niemand, denn natürlich ist es keiner gewesen. Es waren immer die anderen.

 

Drei Gründe

Woher kommt die miese, deprimierte Stimmung in Deutschland? Sie hat mindestens drei Gründe:
1. Die Politik hat keine Visionen und damit keine Perspektive für dieses Land.
2. Längst bekannte Schwachstellen werden immer weiter auf die lange Bank geschoben und
3.
Die politische Elite ist keine Elite. Es stehen keine charismatischen Künder und Mahner auf der Bühne, die das Wahlvolk in die Zukunft verführen.

1. Keine Visionen
Wer will heute auf den Mond, zum Mars, oder wenigstens zur ISS fliegen? Wer oder was ist überhaupt die ISS? Zu weit weg? Auch ein ganz naheliegendes Problem ist längst vergessen: Wo sind die Lösungen für preiswerte und effektive Nahverkehrsmittel, die autofreie Städte ermöglichen? Und warum besitzt das Bildungspotential allen Medien überhaupt keinen Stellenwert? Trotz permanenter PISA-Studien! Und wie soll das Hauptproblem gelöst werden: Wie sieht ein europäisches Staatsgebilde in den Zeiten der Globalisierung aus, in denen es (noch ...) für viele Wohlstand, aber nicht mehr für alle Arbeit gibt? Mit welchen Zielen muss die deutsche Gesellschaft umgebaut werden und welche Rolle sollte bei diesen
unumgänglichen Strukturveränderungen Europa spielen? Wo sind die Visionen dafür, die Programme und Utopien? Alles Fehlanzeige. Deutschland besitzt keine Zukunftsperspektive. Maximal geht es um die Pendlerpauschale ... und sogar hier nur um einen Teil davon.

2. Keine Reformen
Nicht einmal längst bekannte Probleme der deutschen Strukturkrise werden angepackt: Die überfällige Gesundheitsreform wird einfach um ein bis zwei Jahre vertagt, so wie der klimaschädliche Atomausstieg. Bei der Rentenreform wird der Eindruck erweckt, mit der Erhöhung des Rentenalters sei das Problem gelöst. Die Arbeitsmarktreform (Hartz I bis IV) war von Anfang an nur Augenwischerei. Sie schafft keine Arbeitsplätze, erhöht aber den Verwaltungsaufwand und die Kosten der Arbeitslosigkeit. Von einer Steuerreform redet überhaupt niemand mehr - Vor der Wahl war das fast das ausschliessliche Wahlkampfthema! 440 Ausnahmeregelungen wollte der 'Professor aus Heidelberg' gemeinsam mit Angela Merkel streichen. Von Schuldentilgung war noch nie die Rede. Wer aber will wann endlich einmal damit anfangen, 1.455 Milliarden Euro Schulden abzutragen?! Das Dümmste, was man in dieser Situation machen kann, wird von den Koalitionären vereinbart: mindestens 41 Milliarden neue Schulden im Jahr 2006 und gegen den Rat aller Experten wird 2007 die Mehrwertsteuer erhöht. Über alle anderen, absolut notwendigen Reformen wird der Mantel des Schweigens gebreitet: Das sind Themen, die vielleicht erst vor der nächsten Wahl wieder aus der Tasche gezogen werden und die dann vor der Regierungsbildung bereits wieder beerdigt sind.

3. Keine Leute
Wie soll ich beispielsweise meinem Besuch aus Tahiti erklären, warum wir solche Politiker in freien und geheimen Wahlen gewählt haben, damit sie uns regieren: Edmund Stoiber, Guido Westerwelle, Oskar Lafontaine, Roland Koch, Joschka Fischer, Michael Glos, Otto Schily, Andrea Nahles, Gregor Gysi und endlos so weiter?! Diesem abgehobenen Klüngel geht es nur um Macht und das eigene Ego. Die designierte Kanzlerin Angela Merkel und ihr Vize Franz Müntefering - wen werden die beiden mit welcher Zukunftsvision aus dem Sessel reissen? Politiker wie Claudia Roth, Ludwig Stiegler und Erwin Huber agieren wie unterwürfige Lakaien ihrer Parteichefs. Kläffende Wadenbeisser, aufgehetzt gegen die politischen Gegner: Gewissenlos immer bereit, die eigene Überzeugung der Parteidisziplin zu opfern. Von welchen 'höheren Zielen' lassen sich Politiker leiten, wo bleibt ihr christliches Verantwortungsbewusstsein, ihre Ehre? Was haben diese Leute gelernt, was qualifiziert sie für diesen Job
*)? Wo liegt ihre Kompetenz, welche Qualifikation besitzen sie und wovon verstehen sie wirklich etwas? Mit welchen Programmen wollen sie und ihre Parteien Deutschland wohin steuern? Fragen, die niemand beantwortet.

Mich beschleicht ein schlimmer Verdacht: Es geht nicht um Visionen, hehre Ziele und Programme. Es geht nicht einmal um Deutschland. Es geht nur um Macht und um den Zugriff auf die Staatskassen.

Deutschland ist hoch verschuldet und hat keine Chance - Jedenfalls nicht mit diesen Leuten.

 

 

Kopf in den Sand ?

Wie entgeht man dieser fürchterlichen 'German Angst'? Weil es keine Perspektive gibt, bleibt nichts anderes übrig, als die gesamte Politik Deutschlands aus dem Bewusstsein zu verdrängen. Seit dem Irak-Krieg bemühe ich mich bei Story.al und Weblog.al darum, in Sachen Politik einfach den Kopf in den Sand zu stecken. Aber das schaffe ich nur, wenn ich weit weg bin von Deutschland. In Australien habe ich ein ganzes Jahr konsequent alle Medien bis auf E-Mailing ignoriert. Ein Jahr lang ohne politische Informationen aus Deutschland! Dann kam ich zurück und fast nie fehlte mir ein Stück Film. Das sagt alles über die Wirkung der Arbeit der Politiker und die Wichtigkeit der täglichen 'Nachrichten'.

 

Facit: Nix wie weg

Es hat Gründe, warum in Deutschland seit Mai nicht mehr regiert wird und warum deutsche Politiker/innen so verantwortungslos und machtgeil agieren: In Deutschland sind nicht die Eliten am Ruder. Auch Politiker sind das Produkt der PISA-Misere. Es sind Kinder des maroden, deutschen Bildungssystems: Keine Persönlichkeiten, kein Verantwortungsbewusstsein, keine Visionen und keine Vernunft. Nur Halbwissen, wenn überhaupt; weder naturwissenschaftliche noch altsprachliche Bildung. Vor allen Dingen aber keine Beziehung zur tatsächlichen Lebenswirklichkeit *): Niemals länger als ein paar Wochen gearbeitet mit Kindern im eigenen Haushalt, in der Industrie, in einem Dienstleistungsunternehmen oder in der Forschung. Trotzdem strotzen diese extrovertierten Typen so vor Selbstbewusstsein und Selbstüberschätzung, dass sie genau zu wissen glauben, wie man Deutschlands Dauerkrisen reformiert.

Da kann man nur schreiend wegrennen. Am besten ins Ausland, wo es keine besseren Politiker, aber wesentlich weniger Bürokratie und deshalb real mehr Freiheit für den Einzelnen gibt: Australien, Südostasien, Canada und Anderswo.

Nix wie weg - Der einzige Ausweg für alle jungen, cleveren Deutschen.

 


*) Lebenslauf einer geborenen Politikerin:
Vita Andrea Nahles
geb. 20. Juni 1970 in Mendig, Literaturwissenschaftlerin (MA)

 

Seit Oktober 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages
Seit Anfang 2004 Leiterin der Projektgruppe Bürgerversicherung beim SPD-Parteivorstand
2004 Beginn der Promotion (Germanistisches Seminar der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn)
seit Dez. 2003 Mitglied des SPD-Präsidiums
seit Dez. 2003 Mitglied des SPD-Präsidiums
seit Mai 2000 Mitbegründerin und Vorsitzende vom Forum Demokratische Linke 21
seit Nov. 1999 Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes Mayen-Koblenz
seit Mitte 1999 Mitglied des Kreistages Mayen-Koblenz
1998-2002
Mitglied des Deutschen Bundestages
seit 1997 Mitglied im SPD-Parteivorstand
1995-1999 Bundesvorsitzende der Jusos
1993-1995 Landesvorsitzende der Jusos in Rheinland-Pfalz
1989 Gründung des SPD-Ortsvereins Weiler
1988 Eintritt in die SPD
   

Jürgen Albrecht, 11. November 2005
Update: 05.11.2007

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